Union erwärmt sich für Frauenquote
15. April 2013Wenn sich die Arbeitsministerin Ursula von der Leyen traut, dann hat die Bundesregierung ein ernsthaftes Problem. Ihr Gesicht wirkt wie eingefroren, als sie in das Foyer der CDU-Parteizentrale tritt. Sie hat gerade eine mehrstündige Sitzung des Partei-Präsdiums hinter sich. Jetzt bewegen sich Kamerateams gierig auf sie zu. Alle wollen wissen, wie von der Leyen sich am Donnerstag entscheidet, wenn es im Bundestag um ein Gesetz über eine verbindliche Frauenquote in Aufsichts- und Verwaltungsräten von deutschen Unternehmen geht. Die Ministerin schiebt den Kopf nach vorne und pflügt durch den Pulk hindurch. Ganz schnell raus in den schwarzen Dienstwagen. Kein Lächeln wie sonst, kein Wort.
Die Frauenquote ist eine Herzensangelegenheit der für von der Leyen. Aber das Gesetz stammt nicht von ihr, sondern von der Opposition. 20 Prozent der Aufsichts- und Verwaltungsräte müssten demnach bis 2018 von Frauen gestellt werden, 2023 sollen es dann 40 Prozent sein. Von der Leyens eigene Partei hat sich gegen eine Quote ausgesprochen. Die FDP, die Regierungspartnerin, mag sie auch nicht. Also dürfte von der Leyen eigentlich gar nicht darüber nachdenken, mit "Ja" zu stimmen. Aber sie wäre nicht die Einzige. Unter den Abgeordneten der Union rumort es. Viele haben offen erklärt, dass sie für die Quote stimmen wollen. Es könnten genug werden, um die Mehrheit des Regierungslagers zu kippen. Dann ist Koalitionsstreit programmiert; das kann zumindest bei CDU / CSU und FDP keiner wollen im Wahljahr 2013.
Volker Kauder ist ebenfalls nicht sehr gesprächig nach der Sitzung im Konrad-Adenauer-Haus. Er ist als Fraktionsführer der Union dafür zuständig, dass die Abgeordneten diszipliniert auf Parteilinie bleiben. Sein Gesicht ist grau, sein Ton eher barsch. "Warten Sie mal ab, was der Generalsekretär zu sagen hat", bellt Kauder, als er nach draußen stapft. Er würde die weiblichen Abgeordneten dazu zwingen, gegen ihr Gewissen zu stimmen, hatte ihm die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles am Wochenende in einem Interview mit der "Passauer Neuen Presse" vorgeworfen. Kauder legt sich ins Zeug. Auch von den Abweichlerinnen und Abweichlern ist kein Statement zu bekommen. "Morgen vielleicht", sagen die Mitarbeiter in den Büros. Dann haben sie von den Fraktionsspitzen erfahren, was sich das Parteipräsidium ausgedacht hat, um die Abstimmung zu retten. Die wird Kauder jetzt instruieren. Er bringt einen Vorschlag mit.
Suche nach einem Ausweg
Mit CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kommt endlich jemand, der reden will. Er habe ein "heißes Wochenende" hinter sich, sagt er. Vielleicht eher anstrengend - er hat rot unterlaufene Augen. Er spricht über die freiwillige "Flexi-Quote", mit der Familienministerin Kristina Schröder die Unternehmen dazu bringen will, mehr Frauen in Führungspositionen zu lassen. Dafür gebe es entsprechende Parteitagsbeschlüsse und die Vereinbarungen mit der FDP im Koalitionsvertrag. "Wir werden keine weiteren gesetzgeberischen Schritte gehen", sagt Gröhe.
Aber natürlich wissen er und die anderen in der Union, dass sie den Verfechtern einer Frauenquote in den eigenen Reihen etwas bieten müssen. Gröhe spricht davon, dass Präsidium wolle sich dafür einsetzen, im Wahlprogramm eine verbindliche 30-Prozent-Quote ab dem Jahr 2020 festzuschreiben. Aber der Weg dorthin ist lang und kompliziert: Wenn der Wahlparteitag den Vorschlag im Juni annimmt, wenn die Union wieder an der Regierung teilnimmt und ein Koalitionspartner sich nicht dagegen stemmt, dann könnte es auf diesem Weg eine Frauenquote geben. Gröhe erwartet dafür eine Gegenleistung. "Dazu gehört die Erwartung, dass wir als Union im Parlament geschlossen und koalitionsvertragsgemäß agieren."