Aus der SPD immer neue Forderungen
26. November 2017"Ein Bündnis von Union und SPD ist die beste Variante für Deutschland - besser jedenfalls als 'Jamaika', Neuwahlen oder eine Minderheitsregierung", sagte CSU-Chef Horst Seehofer dem Boulevardblatt "Bild am Sonntag". Eine schwarz-grüne Minderheitsregierung sei nicht wünschenswert, weil sie jeden Tag um Mehrheiten ringen müsste, meinte auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Samstag noch einmal bekräftigt, dass sie Neuwahlen ablehnt und auf dem Parteitag der CDU von Mecklenburg-Vorpommern die Option einer Minderheitsregierung unerwähnt gelassen. Unter dem Eindruck des Scheiterns bei den Jamaika-Sondierungen mit FDP und Grünen umwarb auch sie die Sozialdemokraten. Es gab großes Lob für die Erfolge der großen Koalition, die noch geschäftsführend im Amt ist. Merkel und Seehofer begrüßten ausdrücklich die Bereitschaft der SPD zu Gesprächen, warnten sie aber auch deutlich vor überzogenen Forderungen. "Eine große Koalition um jeden Preis darf es nicht geben", sagte Seehofer.
Die Junge Union (JU) stieß in das gleiche Horn und wollte den Parteien zur Bildung einer großen Koalition eine Frist bis Weihnachten setzen. "Sollte es bis zu diesem Zeitpunkt keine Einigung über einen Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD geben, sind die Verhandlungen als gescheitert anzusehen", heißt es in einem beim Deutschlandrat beschlossenen JU-Papier, aus dem die "Bild am Sonntag" zitiert.
Forderungskatalog wird immer länger
Eine ganze Reihe von SPD-Politikern stellen derweil hohe Hürden für die Verhandlungen mit der Union auf. So forderte die Vorsitzende der Frauen in der SPD, Familien-Staatssekretärin Elke Ferner, CDU und CSU auf, "sofort als vertrauensbildende Maßnahme" das Rückkehrrecht von Teilzeit auf die alte Arbeitszeit sowie die Solidarrente zu beschließen. "Beides war im Koalitionsvertrag vereinbart. Beides wurde von der Union blockiert", sagte Ferner der Zeitung "Welt am Sonntag".
Fraktionsvize Karl Lauterbach machte indirekt die Abschaffung der privaten Krankenversicherung zur Voraussetzung für Koalitionsverhandlungen. "Wir werden sehen, ob die Union bereit ist, sich in Richtung eines gerechteren Landes zu bewegen", sagte Lauterbach der "Welt am Sonntag". Bewege sich die Union nicht, "haben wir keine Chance, Neuwahlen zu verhindern".
Der rheinland-pfälzische SPD-Fraktionsvorsitzende Alexander Schweitzer nannte die Bürgerversicherung als Bedingung: "Wenn die Union hier nicht einschwenkt, können wir uns jedes weitere Gespräch sparen", sagte Schweitzer. Die SPD fordere zudem "massive Investitionen in Bildung, Wohnungsbau und Breitband". Schweitzer bezeichnete eine Neuauflage der großen Koalition auf Bundesebene als "derzeit nicht greifbar". Der Sozialdemokrat warf der Union vor, diese habe "zuletzt mehrfach den Koalitionsvertrag gebrochen".
SPD-Linke legt Latte sehr hoch
Die einflussreiche SPD-Linke legte bereits eine lange und sehr teure Wunschliste von Steuererhöhungen bis zur solidarischen Bürgerversicherung vor, die man Merkel bei möglichen Sondierungen unter die Nase halten müsse. "Billig ist die SPD nicht zu haben", erklärte Ralf Stegner. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende stellte klar: "Ein Weiter-so kann und darf es nicht geben". Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte er: "Wir brauchen jetzt Zeit für sehr schwierige und ergebnisoffene Gespräche". Und betonte, es gebe "keinen Automatismus".
Die Sozialdemokraten hatten auch in der vergangenen Legislaturperiode viel von ihren Zielen durchgesetzt, ohne damit jedoch beim Wähler groß punkten zu können. Ungeachtet ihrer Erfolge zum Beispiel in der Arbeits- und Sozialpolitik rutschte sie auf Werte um die 20 Prozent ab.
Kurswechsel kommt an
Die SPD-Spitze um Martin Schulz hatte eine GroKo-Wiederbelebung lange kategorisch ausgeschlossen. Nach der Einladung des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zu einem Vierer-Treffen am Donnerstag signalisierte Schulz aber zumindest Bereitschaft zu einem Gespräch mit der Union, "aus Verantwortung für Deutschland und Europa". Dies wird beim Wähler offenbar honoriert: Im sogenannten Sonntagstrend der "Bild am Sonntag" verbessert sich die SPD um einen Punkt auf 22 Prozent. Die Union legte um zwei Prozentpunkte auf 33 Prozent zu.
SC/as (rtr, afp, dpa, ARD)