UNO-Friedenssoldaten in Liberia
1. Oktober 2003Ein mehr als 20 Jahre andauernder Bürgerkrieg könnte in Liberia zu Ende gehen. Seit dem ersten Militärputsch durch Sergeant Samuel Doe 1980 und dem erzwungen Exil des Diktators Charles Taylor im August 2003 bestehen wieder berechtigte Hoffnungen, dass im ersten unabhängigen Staat Afrikas Frieden einzieht. Am Mittwoch (1. Oktober 2003) übernehmen die Vereinten Nationen (UNO) das Friedenskommando in Liberia. Doch dazu bedurfte es eines besonderen Mandates des UNO-Sicherheitsrates. Der erkannte endlich - mit mehrjähriger Verzögerung -, dass der Bürgerkrieg in Liberia die gesamte westafrikanische Region in Brand setzen könnte.
Mit feinem Gefühl
Dementsprechend verabschiedete der UNO-Sicherheitsrat in New York im Sommer 2003 eine völkerrechtlich bindende Resolution unter Kapital VII der UNO-Charta. Sie besagt unter anderem, dass der Frieden und die internationale Sicherheit bedroht seien. Und um diese Resolution mit Leben zu füllen, hat die UNO einen ihrer besten Krisenmanager - Jacques Paul Klein - mit der schwierigen Aufgabe betreut. Klein ist fest davon überzeugt, dass er seine reichhaltigen Erfahrungen auf dem Balkan auch in Liberia erfolgreich einsetzen kann. "Ich habe ein feines Gefühl für das, was geht und was nicht geht. Ich schätze, dass 280 Millionen Dollar ausreichen, mit genügend Personal das Land wieder aufzubauen.“ Klein sieht außerdem genug internationale Unterstützung für seine Mission.
Die Liberia-Mission ist die bislang zweitgrößte UNO-Mission in Afrika - nur übertroffen vom Einsatz im benachbarten Sierra Leone im Jahr 2000. Die bereits im Land eingetroffenen 3500 Soldaten der westafrikanischen Friedenstruppe ECOMIL (ECOWAS-Mission in Liberia) bilden das erste Kontingent der vom UNO-Sicherheitsrat abgesegneten 15.000 Mann umfassenden UNO-Friedenstruppe UNMIL (UN-Mission in Liberia). Die Mission gilt zunächst für ein Jahr. Zusätzlich zu den Blauhelm-Soldaten werden auch 200 Militärbeobachter, 1100 Polizisten und 1500 zivile Kräfte den UNO-Sonderbeauftragten unterstützen. Ziel ist es, die verfeindeten Parteien zu entwaffnen, die Übergangsregierung von Gyude Bryant zu stärken und Wahlen für 2006 vorzubereiten.
Wie kommen die Gelder zu den Warlords
Der Aufwand an Geld und Personal spiegeln den Stellenwert wider, den die internationale Gemeinschaft dem Konfliktherd Liberia nun beimisst. Denn Liberia gilt als Schlüsselkonflikt der Region, der unter allen Umständen gelöst werden müsse. Und Klein sieht auch das Problem der Warlords – der lokalen Kriegsherren - in der Region als lösbar an. Trotz der Gräueltaten, die sie noch immer anrichten.
"Diese Milizen haben keine funktionierenden Kommandostrukturen. Sie sind isoliert, sind Gangster, selbsternannte, aber undisziplinierte Generäle und Anführer. Sie gehen in die Dörfer, schießen um sich, mischen die Dörfer auf. Die Bewohner versuchen, zu fliehen - dann plündern sie das Dorf und vergewaltigen die Zurückgebliebenen", sagt Klein über die Warlords. " Zuerst müssen wir herausfinden, wie die Gelder fließen. Dazu bedarf es eines internationalen Wirtschaftsprüfers. Dann brauchen wir noch zuverlässige Zollagenten in Liberia. Da gibt es Schweizer und andere internationale Unternehmen, die das machen können, sagen wir mal für ein oder zwei Jahre."
Klein ist von Berufs wegen Optimist. Zuversicht braucht er auch. Denn der geflohene Warlord Taylor versucht sogar aus seinem nigerianischen Exil heraus, Kontakt zu seinen früheren Gangs in Liberia zu halten. Allerdings schließt die nigerianische Regierung angesichts der UNO-Friedensmission unter Kapitel VII der Charta ein strafrechtliches Vorgehen gegen Taylor nicht mehr grundsätzlich aus.