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Musik

S!sters singen für Deutschland beim ESC

22. Februar 2019

"I'm tired - tired of always losing", beginnt - ironischerweise - der Siegersong. Mit zumeist selbstkomponierten Popballaden bewarben sich sieben Kandidaten um die Teilnahme beim ESC 2019. Am Ende gewann das Duo S!sters.

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ESC-Vorentscheid  "Unser Lied für Israel" (neu)
Die Siegerinnen des Vorentscheids Laurita und Carlotta als "S!sters"Bild: picture-alliance/dpa/dpa-Zentralbild/B. Pedersen

Das Voting war ein Krimi - mit Happy End für das Duo S!sters und ihren Song "Sister". Nur für den ESC haben sich Carlotta Truman und Soulsängerin Laurita zusammengetan. Sie sangen das einzige Lied, das von einem extra für den ESC gebuchten Komponistenteam geschrieben wurde. Ihre Powerpop-Ballade kam beim Publikum und den Experten gleichermaßen gut an. 

Musikalisch waren alle Beiträge bei diesem Vorentscheid abwechslungreich - allerdings auch ziemlich balladenlastig. Es gab Soul zu hören, Pop, Elektronisches und auch Düsteres. Insgesamt zeigten alle Sängerinnen und Sänger ein großes Talent.

Im Zwischenprogramm sorgte Michael Schulte für einen Tempowechsel und brachte einen Song, bei dem zum ersten Mal an diesem Abend die Beine wippten. Auch die ESC-Siegerin von 2010, Lena, sowie die Band Revolverhead sorgten für Stimmung. Rockveteran Udo Lindenberg sang ein Duett mit Andreas Bourani. 

ESC-Vorentscheid  "Unser Lied für Israel"Linda Zervakis (li) und Barbara Schöneberger führten frech und fröhlich durch die Show
Linda Zervakis (li) und Barbara Schöneberger führten frech und fröhlich durch die ShowBild: Getty Images/H. Jeon

Wer sind diese "Schwestern"?

Carlotta begann ihre Gesangskarriere mit acht Jahren im Kinderchor ihrer Mutter. Bereits mit zwölf gewann sie den "Deutschen Rock & Pop"-Preis als beste Solosängerin - mit einer damals schon kräftigen Rock- und Soulstimme. Bei der TV-Casting-Show "The Voice Kids" begeisterte sie mit 14 Jahren Jury und Publikum. Inzwischen ist die mittlerweile 19-Jährige regelmäßig mit ihrer Band Carlotta & The Truman Show unterwegs. Die Norddeutsche mag Rock-Punk-Pop- und Soul-Musik, schreibt eigene Songs in Englisch und Deutsch. Carlotta ist die jüngste Studentin am Musik-College in Hannover.

Laurita - die große Stimme im Hintergrund

Die Halb-Philippinin stand schon als Backgroundsängerin mit den deutschen Popsängerinnen Sarah Connor und Stefanie Heinzmann auf der Bühne. Aktuell unterstützt sie Lena, die deutschen ESC-Siegerin von 2010. Die Künstler schätzen an Laurita die soulig-heisere Stimme. Zurzeit komponiert und produziert die 26-Jährige Songs für ihr erstes Album.

ESC-Vorentscheid "Unser Lied für Israel" Laurita (li) und Carlotta stehen einander singend gegenüber
Herausforderung für Laurita (li) und Carlotta: Ein perfekter ESC-Auftritt in Tel AvivBild: picture-alliance/dpa/dpa-Zentralbild/B. Pedersen

Alle beide müssen sich für die nächsten Wochen und Monate von ihrem bisherigen Zeitplan trennen. Denn jetzt werden Carlotta und Laurita die ganze Eurovisionswelt kennenlernen - mit Städtereisen, Gesangstraining und Presseterminen. "Wir werden bald nach Israel reisen um das Land kennenzulernen. Ein deutscher Act in Israel ist was Besonderes", sagte NDR-Unterhaltungchef Thomas Schreiber. 

Aufwändiges Auswahlverfahren

Nach den vielen Pleiten der Vorjahre hatte sich der federführende Sender NDR unter der Leitung von Schreiber schon für den ESC in Lissabon (2018) für ein neues Auswahlverfahren stark gemacht: 

Im vergangenen Jahr haben alle den richtigen Riecher bei Michael Schulte gehabt - und dennoch waren sie von dem Erfolg Schultes überrascht: Niemand hätte gedacht, dass er so gut abschneiden würde. Mit "You let me walk alone" belegte er in Lissabon den 4. Platz und wurde gefeiert wie ein Sieger.

Nun ist es an den S!sters zu zeigen, wie sie sich im starken internationalen Teilnehmerfeld bewähren. Die beiden müssen eine perfekte Bühnenpräsenz beherrschen und sollten dabei ähnlich cool und unaufgeregt wie Michael Schulte im vergangenen Jahr sein. Denn die Konkurrenz ist auch 2019 wieder so stark, dass ein Song wie "Sister" es nicht leicht haben wird. Obwohl es eine sehr kraftvoll gesungene Powerballade ist.

Die Mitbewerber

Australien schickt mit Kate Miller-Heidke eine Opernsänerin nach Tel Aviv. "Zero Gravity" ist ein dick produzierter Popsong, in dem die Sängerin ihren glockenhellen Sopran herumflattern lässt wie die "Königin der Nacht" in Mozarts Zauberflöte. Sicherlich war es auch nicht ganz unabsichtlich, dass ihre Bühnenshow und das Outfit an die berühmte Opernfigur erinnern. Die ESC-Fans feiern den Song jetzt schon. So wie sie auch die Popballade des Briten Michael Rice feiern. Sein "Bigger Than Us" ist ein ESC-Song wie er im Buche steht. Aus Tschechien kommt der junge Lake Malawi, der mit einem ähnlich poppigen Elektrosong kommt wie sein Vorgänger Mikolas Josef im letzten Jahr. Spanien wird in Tel Aviv mit einem bunten schnellen Merengue für Stimmung sorgen.

ESC 2019 - Bilal Hassani singt für Frankreich
Bilal Hassani singt für FrankreichBild: picture-alliance/dpa

Für Frankreich wird der 19-jährige Bilal Hassani in Israel antreten. Der Youtuber hat den französischen Vorentscheid deutlich gewonnen und fordert in "Roi" auf Französisch und Englisch sein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben als schwuler Mann ("Wenn ich aufstehe, dann werde ich ein König sein"). Er war nach seinem Coming Out in Frankreich einer heftigen Welle von Cyber-Mobbing bis hin zu Morddrohungen ausgesetzt. Er ist marokkanischer Abstammung - sein Vorbild ist Österreichs ESC-Sieger von 2014: der Sänger Thomas Neuwirth, der als Kunstfigur Conchita Wurst in dem Song "Rise Like A Phoenix" ein ähnliches Statement gebracht hatte.

Nicht italienisch genug?

Beim Sanremo-Festival gewann Allessandro Mahmoud das Ticket nach Tel Aviv. Das gefiel nicht allen Italienern. Reaktionen kamen sogar aus der obersten Politik-Etage: Italiens Innenminister Matteo Salvini - Parteichef der rechtspopulistischen Lega Nord - ätzte auf Twitter gegen Mahmoud und hätte lieber den Sänger Ultimo vorne gesehen, der eine echte italienische Schnulze dargeboten hatte. So sah es auch ein Großteil des Publikums in Sanremo. Viele Italiener stört Mahmouds Abstammung: Sein Vater ist Ägypter, seine Mutter stammt aus Sardinien. Der Jury war das egal, sie bewertete den Song nach seinen musikalischen Vorzügen - und die sind enorm. Gute Stimme, tolles Arrangement: So einen starken Song hatte Italien lange nicht mehr für den ESC zu bieten. Selbstbewusst trat Mahmoud denn auch auf der Pressekonferenz nach seinem Sieg auf: Er sei Italiener, sonst nix.

Matteo Salvini bei einer Rede
Ätzte gegen Mahmoud: Italiens Innenminister SalviniBild: Reuters/A. Bianchi

Wiedersehen mit Sergey Lazarev

Der russische Superstar Sergey Lazarev will es nochmal wissen: Mit seiner spektakulären Show war er vor drei Jahren in Stockholm knapp hinter der Ukrainerin Jamala und der Australierin Dami Im auf dem dritten Platz gelandet. Diesmal wird Russland nichts dem Zufall überlassen und setzt auf ein bewährtes Songwriter-Team mit ESC-Erfahrung. Sicher wird Lazarev wieder alles an Show auffahren, was möglich ist.

Eurovision Song Contest in Stockholm: Sergey Lazarev hat riesige Flügel - eine Projektion auf einer Leinwand hinter ihm
Sergey Lazarev mit Flügeln in Stockholm 2016Bild: Reuters/TT News Agency/Maja Suslin

Aus Lettland kommt ein butterweicher Folksong: Das Duo Carousel wird das feierwütige ESC-Publikum mit der ruhigen Akustik-Ballade "That Night" für drei Minuten verzaubern - ganz ohne Windmaschinen und Pyro.

Alles in allem zeigt sich schon jetzt, dass die 42 Teilnehmerländer des 64. Eurovision Song Contest für viel Abwechslung sorgen werden.

Am 9. März stehen alle 42 Kandidaten fest

Noch sind nicht alle ESC-Kandidaten ermittelt; Schweden entscheidet als letztes Teilnehmerland im Finale des Melodifestivals am 9. März. Das Land hat bereits große Erfolge in der Geschichte es ESC zu verbuchen: 40 Mal in den Top Ten - und sechs Mal auf dem Siegertreppchen - Platz zwei in der Gesamtwertung hinter Irland mit insgesamt sieben Siegen. Deutschland hat den Wettbewerb bisher zweimal gewonnen: 1982 mit Nicole und "Ein bisschen Frieden" sowie 2010 mit Lena und "Satellite".

 

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Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online