Trierweilers Twitter-Foul gegen Royal
16. Juni 2012Am Sonntag wird in Frankreich ein neues Parlament gewählt. Aber das interessiert im Lande nur noch wenig. Alle Augen sind derzeit auf einen Wahlkreis gerichtet. Und auf zwei Frauen: Valérie Trierweiler, die Lebensgefährtin von Präsident François Hollande und auf dessen Ex-Frau, Ségolène Royal. Eine filmreife Attacke mit modernen Mitteln war diese Woche in Frankreich zu betrachten.
Es geht um den Abgeordnetensitz der Hafenstadt La Rochelle. Royal will das Mandat gewinnen, Trierweiler will das verhindern. Für Hollande und seine Sozialisten, die bei der zweiten Wahlrunde am Sonntag mit einer linken Mehrheit rechnen können, ist das Psychodrama mehr als peinlich.
Bis kurz nach der ersten Wahlrunde am vergangenen Sonntag lief für die Sozialisten alles nach Plan: Nach dem Sieg bei der Präsidentschaftswahl im Mai konnte das linke Lager mit rund 47 Prozent auch die erste Wahlrunde zur Nationalversammlung klar für sich entscheiden. Die konservative UMP von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy und ihre Verbündeten rutschten auf 34 Prozent ab.
Attacke per Internet
Aber dann kam Anfang der Woche Valérie Trierweiler, die mehr als selbstbewusste First Lady Frankreichs und verschickte eine folgenschwere Botschaft über das soziale Netzwerk Twitter. Eine freundlich formulierte Nachricht mit weniger als 140 Zeichen und zugleich ein hochgiftiger Pfeil: "Mut, Olivier Falorni, der immer anständig war und sich seit Jahren selbstlos für die Bürger von La Rochelle einsetzt." Olivier Falorni ist der sozialistische Gegenkandidat von François Hollandes Ex-Frau Ségolène Royal in La Rochelle. Die war von ihrer Sozialistischen Partei fest für den Wahlkreis vorgesehen, Falorni wurde suspendiert, weil er sich dem Parteiwillen nicht beugen wollte. Er gab sich trotzig und kandidierte als unabhängiger sozialistischer Kandidat – und er wird die Wahl vermutlich gewinnen.
Royal würde alles verlieren
Für Hollandes Ex-Frau wäre das mehr als nur eine regionale Niederlage, meint Tilman Turpin vom Institut für Politikwissenschaft "Sciences-Po" in Paris: "Das wird für Royal und für die Sozialistische Partei unangenehme Konsequenzen haben. Ségolène Royal ist etwas, das man einen 'Elefanten' nennt, eine Art Urgestein, eine der wichtigen und unumgänglichen Persönlichkeiten der Partei." Verliert Royal die Wahl, dann verliert sie zugleich die Möglichkeit, Parlamentspräsidentin zu werden. Das sollte jedoch das Trostpflaster für sie sein, da sie 2007 die Präsidentschaftswahl verloren hatte und dann 2008 auch noch den Kampf um den Parteivorsitz.
Weder im Elysée-Palast, noch bei den Sozialisten konnte man die Twitter-Nachricht glauben, bis von Trierweiler selbst die Bestätigung kam. Das eigenmächtige Handeln der Politikjournalistin beherrscht seither die Schlagzeilen in Frankreich, stellt Politologe Turpin fest. "In den Medien war es das, was man einen 'Buzz' nennt, ein Riesen-Hype, es war in allen Fernsehsendern, allen Zeitungen und Online-Nachrichten. Die Zeitung 'Le Point' hat sogar ihre Wochenausgabe dem Thema gewidmet." Diskutiert wurde in den französischen Medien die Frage: "Was darf und soll eine französischen Präsidentengattin tun und dürfen?"
Sozialisten fordern mehr Diskretion
Durch Umfragen zeigte sich, dass 70 Prozent der Bevölkerung Trierweilers Attacke ablehnen: "Die Mehrheit der französischen Bevölkerung findet, dass Valérie Trierweiler über ihre Rolle als Première Dame hinausgegangen ist und sich in etwas eingemischt hat, was sie nichts angeht." Das war auch die Meinung der Sozialistischen Partei, die wie Präsident Hollande versuchte, durch demonstratives Schweigen das Ganze möglichst schnell aus der Welt zu schaffen. Zwar gab es knappe Rügen, Parteichefin Martine Aubry forderte von Trierweiler mehr Diskretion und auch Premierminister Jean-Marc Ayrault sagte, Hollandes Partnerin müsse eine zurückhaltende Rolle spielen. Weitere Stellungnahmen aber verweigerten die Sozialisten. Selbst die attackierte Royal übte sich in nüchterner Distanz und forderte "Respekt für die Mutter einer Familie". Royal hat vier Kinder mit Hollande.
Die Wahl bleibt unbeeinflusst
Trotz des Wirbels um die First Lady können die Sozialisten aber wohl weiterhin mit einem klaren Sieg bei den Parlamentswahlen am kommenden Sonntag rechnen, vermutet Tilman Turpin: "Die letzten Umfragen sagen eine absolute Mehrheit für die Sozialisten voraus." Schätzungen zufolge kommen die Sozialisten mit verbündeten Einzelkandidaten am Sonntag allein auf bis zu 332 Mandate – ohne die Grünen oder gar die Linksfront, zu der die Kommunisten zählen. Die absolute Mehrheit liegt bei 289 der 577 Sitze in der Nationalversammlung. Nur was aus Séglène Royal nach diesem Wahl-Sonntag wird, ist reichlich ungewiss.
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