Litwinenkos Gifttod vor Gericht
27. Januar 2015Mehr als acht Jahre nach dem mysteriösen Tod des russischen Spions und Kreml-Kritikers Alexander Litwinenko wird der mutmaßliche Agentenmord öffentlich vor Gericht aufgerollt. Marina Litwinenko, die Witwe des mit der radioaktiven Substanz Polonium 210 vergifteten Doppelagenten, hat die richterliche Untersuchung gegen den Willen der britischen Regierung durchgesetzt.
Tod drei Wochen nach Teerunde
Die zu behandelnden Themen seien äußerst schwerwiegend, es gehe "um die Frage einer Verantwortung des russischen Staates für Litwinenkos Tod", sagte der Leiter der Untersuchung, Robert Owen, zur Eröffnung der Anhörungen In den kommenden Monaten soll hinter verschlossenen Türen Geheimdienstmaterial ausgewertet werden, Ende des Jahres will Owen einen Bericht vorlegen.
Litwinenko war im November 2006 im Alter von 43 Jahren an einer Vergiftung mit der radioaktiven Substanz Polonium 210 gestorben - drei Wochen, nachdem er in einem Londoner Hotel mit einem russischen Agenten und einem Geschäftsmann Tee getrunken hatte. Die britische Polizei verdächtigt Andrej Lugowoj und Dmitri Kowtun, das Gift in den Tee gemischt zu haben. Moskau lehnte die Auslieferung der beiden ab. Litwinenko arbeitete damals mutmaßlich für den britischen Geheimdienst MI6, nachdem er sich mit dem Kreml überworfen hatte.
"Anhörung ohne Angeklagten"
Die Untersuchung in London findet vor einem Richter, aber ohne Angeklagten statt. Zu Beginn der Anhörung wurde das Protokoll einer polizeilichen Vernehmung Litwinenkos kurz vor dessen Tod verlesen. Darin weist er die direkte Verantwortung für seine Vergiftung und die beabsichtigte Ermordung direkt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu. Er habe keinen Zweifel daran, dass die russischen Geheimdienste verantwortlich seien, heißt es in dem Protokoll. Und Litwinenko dann wörtlich: "Die Anordnung dazu kann nur eine Person geben - der Präsident der russischen Föderation, Wladimir Putin."
Schon Ende 2012 teilte die britische Justiz mit, die Behörden hätten ausreichend Beweise für eine Verwicklung Moskaus in den Gifttod des Ex-Agenten des russischen Inlandsgeheimdiensts FSB. Im Mai 2013 erklärte die Justiz jedoch, im Rahmen des laufenden Verfahrens könne dem Verdacht auf eine Verantwortung der russischen Staatsführung nicht nachgegangen werden. Nach langem Zögern gab die britische Regierung im vergangenen Jahr grünes Licht für die neue Untersuchung hinter verschlossenen Türen.
sti/kle (afp, dpa, rtr, ape)