"Untreue Wahlleute" müssen büßen
6. Juli 2020Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hat Strafen gegen Wahlleute gebilligt, die nach einer Präsidentschaftswahl - entgegen dem Wählervotum - dem siegreichen Kandidaten ihre Stimme verweigern. Sie dürften von ihren Bundesstaaten sanktioniert werden, urteilte der Supreme Court in Washington.
Hintergrund: Nach der Wahl 2016 hatten insgesamt fünf Wahlleute sich geweigert, für die Demokratin Hillary Clinton zu stimmen, obwohl diese in den jeweiligen Bundesstaaten die Mehrheit gewonnen hatte. Zwei Wahlleute wandten sich gegen den Republikaner Donald Trump.
"Lange Tradition"
Die Bundesstaaten Colorado und Washington verhängten daraufhin (Geld-)Strafen gegen die "untreuen Wahlleute". Diese zogen dagegen vor Gericht und argumentierten, sie hätten Wahlfreiheit.
Doch der Oberste Gerichtshof sah das anders. Es habe "lange Tradition", dass Wahlmänner und Wahlfrauen nicht frei in ihrer Entscheidung seien. "Sie müssen für den Kandidaten stimmen, den die Wähler eines Bundesstaates ausgewählt haben", entschieden die Richter.
Historisch betrachtet ...
... kommt es recht selten vor, dass Wahlleute anders abstimmen als von ihnen erwartet wird. Zwischen 1796 und 2016 scherten lediglich 180 Wahlleute aus der Reihe. Den Ausgang einer Präsidentschaftswahl hat dies noch nie verändert.
Allerdings zeigten sich einige der Obersten Richter bei der Anhörung zu den Fällen aus Washington und Colorado besorgt, in der Zukunft könnte dies theoretisch der Fall sein. Dann drohe "Chaos". Das Urteil fiel knapp vier Monate vor der Präsidentschaftswahl am 3. November, bei dem Amtsinhaber Trump vom Demokraten Joe Biden herausgefordert wird.
Das Wahlleute-System in den USA ist umstritten und wird von vielen als undemokratisch kritisiert. So hatte Trump 2016 die Mehrheit der Wahlleute und damit die Wahl gewonnen - obwohl Clinton mehr als drei Millionen Wählerstimmen mehr erhalten hatte. Auch der Demokrat Al Gore hatte im Jahr 2000 die meisten Wählerstimmen bekommen, ins Weiße Haus zog damals aber der Republikaner George W. Bush ein.
wa/cw (afp, dpa)