US-Afghanen in Sorge nach Massaker
14. Juni 2016"Little Kabul", wie Fremont auch genannt wird, beherbergt die größte Zahl von Amerikanern afghanischer Abstammung. Die Hälfte der 220.000 Einwohnern der Stadt in der Bucht von San Francisco sind Asiaten, die Afghanen sind davon nur eine kleine Gruppe von weniger als 7000. Normalerweise tragen sie ihren Teil zum normalen multikulturellen Alltag der Stadt bei, was man etwa am Geruch der Kebab-Grillstände merkt. Aber das Massaker in der Homosexuellen-Bar in Florida durch den afganischstämmigen Omar Mateen hat die afghanischen Amerikaner geschockt. Omar Aziz, Sohn afghanischer Einwanderer in Fremont, ist einer von ihnen.
"Der Attentäter hatte denselben Vornmen wie ich, ich habe mich irgendwie schuldig und schrecklich gefühlt", sagt Omar Aziz auf einem Online-Panel des Samovar Networks, einem Netzwerk für die afghanische Community in den USA. "Ich fühlte mich in der Defensive und war erstaunt, dass mich meine Kollegen am Montagmorgen sogar gefragt haben, ob ich OK bin." So wie er haben sich viele Afghanen schuldig gefühlt, ohne etwas mit der Tat zu tun zu haben. Aziz und andere Angehörige der afghanischen Community diskutieren deshalb, inwieweit sie eine Tat wie diese hätten verhindern können, gleichzeitig fürchten sie die Reaktionen der Mitbürger.
"Seit den Äußerungen Trumps fühlen wir uns direkt betroffen", sagt Humaira Atai aus dem kalifornischen Sacremento. Trump hatte seine Forderung nach einem Stopp für muslimische Einwanderer nach dem Attentat bekräftigt. "Früher haben die Leute ihren Hass und Rassismus für sich behalten, aber jetzt zeigen sie keine Scheu mehr". Sie macht sich ebenfalls Sorgen um die Zukunft. "Die Tat einer einzelnen Person macht für uns alle das Leben schwerer. Das schlimmste ist, dass wir uns und unsere Religion rechtfertigen müssen wegen dem, was einer getan hat."
"Ursache nicht Religion oder Nationalität"
Abdullah Nasser, ein afghanisch-amerikanischer Geschäftsmann aus Las Vegas, glaubt nicht, dass sich speziell für Afghanen in den USA viel ändern wird. "In den Augen vieler Amerikaner gibt es keinen Unterschied zwischen Afghanen, Pakistanern, Syrern oder Irakern. Sie werden diesen Fall wie die vergleichbare andere der Vergangenheit behandeln." Die "Afghanische Koalition", eine Organisation, die die Interessen der Afghanen in Fremont vertritt, veröffentlichte am Montag eine Pressemitteilung, in der sie das Massaker verurteilt und zu aktivem Diskurs aufruft. Gleichzeitig zeigt sie Solidarität mit der LGBT-Community. Für die Geschäftsführerin der Afghanischen Koalition, Rona Popal, waren nicht der muslimische oder afghanische Hintergrund des Angreifers ausschlaggebend. "Als Amerikaner müssen wir uns mehr mit der Bekämpfung von Hass, mit psychischer Gesundheit und mit Waffenkontrolle beschäftigen."
Insgesamt leben offiziell etwa 100.000 Personen afghanischer Herkunft in Amerika. Fernab von der Heimat haben sie sich den USA angepasst und neue Sichtweisen übernommen. Viele nennen sich stolze Afghanen, haben aber mit den Afghanen in der Heimat kaum noch etwas gemeinsam. Deshalb betonten die Afghanen dort, dass der Täter Omar Mateen nichts mit Afghanistan zu tun habe. Der afghanische Journalist Habib Khan Totakhail tweetete, dass Mateen ein Produkt der USA sei.
Auch der afghanische Botschafter in den Vereinigten Staaten, Hamdullah Mohib, sprach sich gegen Verallgemeinerungen aufgrund der Herkunft des Attentäters aus. Gegenüber der DW sagte er, er könne nicht für die afghanisch-amerikanische Community sprechen, aber es sei wichtig zu betonen, dass Mateen Amerikaner war. "Mörderische Taten wie diese, die unschuldige Leben betreffen, haben nur ein Ziel: Die Anwendung von Gewalt, um Religionen, Kulturen und Länder zu spalten." Es sei nun aber an der Zeit, dass diese gerade jetzt zusammenkommen, um Hass und Terror zu stoppen.