US-Diplomatenfamilien sollen raus aus Kiew
24. Januar 2022Die Vereinigten Staaten ziehen Konsequenzen aus den zunehmenden Spannungen im Ukraine-Konflikt mit Russland. Die Familien der US-Diplomaten in der Hauptstadt Kiew sollten aus der Ukraine ausreisen, ordnete das Außenministerium in Washington an. Auch nicht unmittelbar benötigte Beschäftigte der amerikanischen Botschaft könnten das Land verlassen.
Weitere in der Ukraine lebende US-Bürger sollten eine Ausreise "jetzt in Erwägung ziehen", hieß es. Derzeit stünden dazu kommerzielle Flüge zur Verfügung. "Wir glauben, dass eine russische Invasion (in der Ukraine) jeden Moment stattfinden kann", sagte eine hochrangige US-Beamtin vor Journalisten. Sie warnte: "Die USA wären in diesem Fall nicht in der Lage, US-Bürger zu evakuieren".
"Dringend empfohlen" wurde US-Bürgern, auf Reisen nach Russland zu verzichten. Dort könne es zu einer "Schikanierung" durch die Polizei kommen, unter anderem durch die "willkürliche Anwendung von Gesetzen". Abgeraten wurde vor allem von Reisen in die russisch-ukrainische Grenzregion. Die Situation dort sei - mit Blick auf die Aufstockung russischer Truppen sowie Militärübungen in dem Gebiet - "unvorhersehbar".
Auch Großbritannien handelt. Als Reaktion auf die wachsende Bedrohung durch Russland würden einige Beschäftigte und Angehörige aus der Botschaft in Kiew zurückgerufen, teilte das Außenministerium in London mit.
EU lässt Diplomaten noch in Kiew
Dagegen sieht die Europäische Union derzeit noch keinen Grund dafür, Botschaftspersonal und Familienangehörige von Diplomaten zur Ausreise aus der Ukraine aufzufordern. "Ich denke, nicht, dass wir dramatisieren müssen", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Rande eines EU-Außenministertreffens in Brüssel.
"Beobachten sehr aufmerksam"
Das Auswärtige Amt in Berlin hatte bereits am Samstag erklärt, sein Botschaftspersonal in Kiew nicht zu reduzieren. "Wir beobachten sehr aufmerksam, wie sich die Sicherheitslage für das Personal an unseren Auslandsvertretungen in der Ukraine darstellt, und stehen hierzu auch in engem Austausch mit unseren Partnern in der EU und auf internationaler Ebene."
Russland hat in den vergangenen Wochen mehr als 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Der Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarland plant - was in Moskau vehement bestritten wird.
Politische Beobachter halten es allerdings auch für möglich, dass Russland lediglich Ängste schüren will, um die NATO-Staaten zu Zugeständnissen bei der Forderung nach neuen Sicherheitsgarantien zu bewegen. Erklärtes Ziel des Kreml ist es, dass das westliche Militärbündnis auf eine weitere Osterweiterung verzichtet und seine Streitkräfte aus östlichen Mitgliedsstaaten abzieht. NATO, USA und die EU lehnen das als inakzeptabel ab.
wa/ack (afp, dpa)