US-Pastor Brunson bleibt unter Hausarrest
17. August 2018Brunsons Rechtsanwalt Cem Halavurt bestätigte die Entscheidung des Gerichts in Izmir. Er kündigte an, in zwei Wochen erneut Beschwerde gegen den Hausarrest einzulegen. Brunson war im Oktober 2016 wegen Spionage- und Terrorvorwürfen in Untersuchungshaft genommen worden. Ende Juli verlegte ein Gericht den evangelikalen Geistlichen zwar aus gesundheitlichen Gründen in den Hausarrest, hielt das Verfahren gegen ihn aber aufrecht. Bereits am Mittwoch hatte ein anderes, untergeordnetes Gericht den Antrag seines Anwalts auf Freilassung abgelehnt. Die Staatsanwaltschaft fordert bis zu 35 Jahre Gefängnis für den Amerikaner.
Eine harsche Reaktion aus dem Weißen Haus in Washington auf den Gerichtsbeschluss ließ nicht lange auf sich warten: US-Präsident Donald Trump sagte vor Journalisten: "Wir werden das nicht auf sich beruhen lassen. Sie können nicht einfach unsere Leute nehmen." Er fügte hinzu: "Sie hätten ihn schon vor langer Zeit zurückgeben müssen." Die Türkei habe "sich sehr, sehr schlecht verhalten". In der Angelegenheit sei noch nicht das letzte Wort gesprochen.
Der Fall hat bereits zu einer schweren Krise in den Beziehungen zwischen der Türkei und den USA geführt, die seine sofortige Freilassung verlangen. Um ihn freizubekommen, hatte die Regierung in Washington Sanktionen und Strafzölle gegen die Türkei verhängt. Die türkische Landeswährung Lira war daraufhin vergangenen Freitag und Montag schwer eingebrochen, erholte sich aber zwischenzeitlich.
Keine Annäherung
In dem heftigen Streit zwischen beiden NATO-Ländern zeichnet sich weiter keine Annäherung ab. Die USA kündigten in der Nacht weitere Sanktionen gegen die Türkei an, sollte Pastor Brunson nicht zügig freigelassen werden. Präsident Donald Trump bezeichnete den Pastor, der seit Oktober 2016 unter Spionage- und Terrorvorwürfen in türkischer U-Haft sitzt, als "Geisel" Ankaras.
Kurz danach erklärte sich die Regierung in Ankara am Freitag zu weiteren Vergeltungsmaßnahmen bereit. Handelsminister Ruhsar Pekcan warnte, die Türkei habe bereits im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO auf die bisherigen Strafmaßnahmen reagiert. "Und wir werden das fortsetzen", fügte er nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Anadolu hinzu.
Lira erneut im Abwärtsstrudel
Die türkische Währung Lira geriet inzwischen erneut unter Druck. Zum Mittag gab die Lira im Verhältnis zum US-Dollar bis zu knapp acht Prozent nach. Auch im Verhältnis zum Euro ging die Währung ähnlich stark auf Abwärtskurs.
Trump und sein Vize Mike Pence dringen seit langem auf Brunsons Freilassung. Anfang August verhängte der US-Präsident deshalb Sanktionen gegen zwei türkische Minister. Außerdem verdoppelte Trump die Zölle auf türkische Stahl- und Aluminiumimporte. Als Vergeltung für die US-Strafzölle hob Ankara die Einfuhrzölle auf mehrere US-Produkte deutlich an, darunter Autos, alkoholische Getränke und Tabak. Staatschef Recep Tayyip Erdogan kündigte zudem einen Boykott von US-Elektronikprodukten an.
Finanzminister greift ein
Noch am Donnerstag hatte der türkische Finanzminister und Erdogan-Schwiegersohn Berat Albayrak ausländischen Investoren strenge Haushaltsdisziplin und Strukturreformen zugesichert. Einen Hilfsantrag beim Internationalen Währungsfonds (IWF) schloss er aus, Priorität hätten nun Direktinvestitionen.
Seinem Ministerium zufolge vereinbarte Albayrak mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz ein Treffen für den 21. September in Berlin. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums wollte dies am Freitag nicht bestätigten. Es würden dazu keine konkreten Daten bekanntgegeben. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums bekräftigte, dass die Bundesregierung die Entwicklung sehr genau beobachte und ein Interesse daran bestehe, dass die Türkei ein stabiles und demokratisches Land sei.
Bei Analysten stieß Albayraks Auftritt indes auf ein verhaltenes Echo. Es scheine, als habe er die Risiken für den Unternehmens- und Bankensektor durch hohe Schulden in ausländischer Währung heruntergespielt, sagte William Jackson von Capital Economics in London. Diese könnten sich jedoch "in den kommenden Wochen und Monaten" zuspitzen.
Ökonomen halten eine Erhöhung der Zinsen in der Türkei für unumgänglich, um die Inflation zu senken und den Verfall der Lira zu stoppen. Erdogan ist aber ein erklärter Gegner hoher Zinsen.
Hilfreiches Signal aus China
Moralische Unterstützung erhielt die Türkei derweil aus China. "China glaubt, dass die Türkei die Fähigkeit hat, die zeitweisen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu überwinden", erklärte das Außenministerium in Peking. Man hoffe, dass die Beteiligen die derzeitigen Probleme im Dialog lösen können. Das Ministerium verwies zudem auf Zeitungsberichte, nach denen die staatliche Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) mit der Türkei eine Finanzierungsverhandlungen im Umfang von 3,8 Milliarden Dollar unterzeichnet habe. Die Regierung habe immer die Kooperation beider Länder im geschäftlichen Bereich unterstützt.
kle/stu (afp, dpa, rtr)