US-Polizei räumt Protestlager an Elite-Uni in New York
1. Mai 2024Nach der Eskalation propalästinensischer Proteste an der New Yorker Elite-Universität Columbia ist ein Großaufgebot der Polizei gegen Studierende vorgerückt. Hunderte Einsatzkräfte strömten auf den Campus im Stadtteil Manhattan und räumten ein von Demonstranten besetztes Hochschulgebäude. Es handelte sich um die Hamilton Hall, die 1968 während eines Protests gegen den Vietnam-Krieg schon einmal besetzt worden war.
Insgesamt wurden Polizeiangaben zufolge rund 300 Personen abgeführt. Die Polizisten durchsuchten zudem Dutzende Zelte im sogenannten Solidaritätscamp der Aktivisten. Diese kritisieren das Vorgehen Israels im Gazastreifen und fordern Solidarität mit den Palästinensern.
"Unerträgliche Atmosphäre"
Hochschulpräsidentin Minouche Shafik bat die Beamten, mindestens bis Mitte Mai auf dem Campus zu bleiben, um den Wiederaufbau von Protestlagern zu verhindern. Die Ereignisse auf dem Gelände hätten der Leitung keine andere Wahl gelassen, als um die Räumung nachzusuchen, schrieb sie an die Polizei. Zuvor hatte Shafik beklagt, viele der jüdischen Studenten hätten die Atmosphäre an der Columbia University zuletzt "unerträglich" gefunden und daher die Hochschule verlassen.
Der Bürgermeister von New York City, Eric Adams, und Vertreter der Polizei hatten vor Beginn des Einsatzes erklärt, die Besetzung der Hamilton Hall sei von "externen Agitatoren" angezettelt worden, die nicht mit der Universität in Verbindung stünden und den Strafverfolgungsbehörden bekannt seien. Ähnlich hatte sich Shafik geäußert.
Einer der Anführer der Proteste, der palästinensische Student Mahmoud Khalil, bestritt die Behauptung, Außenstehende hätten die Besetzung initiiert. "Es sind Studenten", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.
Studenten: Unverhältnismäßiges Vorgehen
Der jüngste Großeinsatz war bereits der zweite auf dem Campus, nachdem die Polizei vor knapp zwei Wochen gegen die Studenten eingeschritten war. Diese sahen sich in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung beschränkt und kritisierten das Vorgehen der Sicherheitskräfte als unverhältnismäßig. Bei tagelangen Verhandlungen mit der Universitätsleitung hatte es keine Einigung gegeben.
Außer in New York ging die Polizei auch in anderen US-Bundesstaaten wie Kalifornien, Georgia, North Carolina, Texas und Florida gegen Demonstranten vor. Von der University of California in Los Angeles wurden Zusammenstöße zwischen propalästinensischen Studenten und Gegendemonstranten gemeldet. Rivalisierende Gruppen seien an einem Protestcamp gewaltsam aneinandergeraten, berichten US-Medien. Über Festnahmen oder Verletzte ist noch nichts bekannt. Seit Beginn der Studentenproteste im April wurden landesweit mehr als 1000 Teilnehmer vorläufig festgenommen.
Besetzer werden exmatrikuliert
Kritiker werfen insbesondere dem radikalen Teil der Protestbewegung Antisemitismus und die Verharmlosung der militant-islamistischen Hamas vor. Propalästinensische Gruppen hatten die Hochschulen aufgefordert, nicht mehr in Unternehmen zu investieren, die Israels Militäraktionen im Gazastreifen unterstützen oder davon profitieren - eine Forderung, die sich auch die Demonstranten der Columbia University zu eigen machten. Die Hochschule lehnte das ab und erklärte, wegen der Besetzung sei damit begonnen worden, Studenten zu exmatrikulieren.
Auslöser des Israel-Hamas-Krieges war das schlimmste Massaker seit der israelischen Staatsgründung. Am 7. Oktober hatten Hunderte Hamas-Terroristen israelische Grenzanlagen überwunden und Gräueltaten überwiegend an Zivilisten verübt. Zugleich wurden Tausende Raketen auf Israel abgefeuert.
Nach Angaben des israelischen Militärs fielen der Attacke mehr als 1100 Menschen auf eigenem Gebiet zum Opfer. Rund 250 Personen wurden als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Bei darauf folgenden israelischen Angriffen wurden nach Zahlen der Hamas-Behörden mehr als 34.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet. Diese Angaben lassen sich nicht unabhängig prüfen. Die Hamas wird außer von Israel auch von den USA, der EU, Deutschland und weiteren Staaten als Terrororganisation eingestuft.
jj/kle/sti (dpa, rtr, afp)