US-Steuerreform - zu Lasten deutscher Jobs?
18. Dezember 2017Für US-Unternehmen wäre es ein Weihnachtsgeschenk mit Milliarden-Entlastungen: Noch in dieser Woche dürfte der Kongress in Washington nach langem Ringen eine umfassende Steuerreform verabschieden, Präsident Donald Trump könnte das Gesetz noch vor den Feiertagen unterzeichnen. Es wäre der wohl größte Erfolg seiner bisherigen Amtszeit - jenseits des Atlantiks aber sind Wirtschaftsverbände und Regierungen alles andere als begeistert.
Was ist der Kern der US-Steuerreform?
Das Paket umfasst Steuersenkungen im Umfang von knapp 1,5 Billionen Dollar (1,27 Billionen Euro). Zu den Kernpunkten gehört eine massive Senkung der Unternehmensteuern von derzeit 35 auf 21 Prozent. Auch die meisten übrigen Steuerzahler können davon ausgehen, dass sie zumindest vorübergehend weniger Geld an den Fiskus abführen müssen. Allerdings profitierten die Reichen entgegen Trumps Ankündigungen deutlich stärker als die Ärmeren und die Mittelschicht, so die Kritik der oppositionellen Demokraten.
Wie stehen die USA bei den Unternehmensteuern im internationalen Vergleich da?
Derzeit sind die Steuern für Firmen sehr hoch. Bei einer Senkung auf 21 Prozent läge die größte Volkswirtschaft der Welt knapp unterhalb des Durchschnitts der meisten Wettbewerber (23 Prozent). Innerhalb der EU gibt es Länder, die ihren Unternehmen noch geringere Steuern ermöglichen - darunter Großbritannien und Irland. Die USA lägen nur knapp unter dem EU-Durchschnitt von etwas mehr als 22 Prozent.
Birgt die Reform Risiken für die Vereinigten Staaten?
Die ohnehin riesige Schuldenlast wird durch die enormen Entlastungen von Unternehmen und dadurch bedingte Mindereinnahmen des Staates noch größer. Kritiker merken an, künftige Generationen von Steuerzahlern hätten die Rechnung zu bezahlen. Zuletzt hatte die amtierende Notenbank-Chefin Janet Yellen ihre Sorgen zum Ausdruck gebracht.
Es droht ferner ein Überhitzen der ohnehin fast auf voller Kapazität fahrenden US-Wirtschaft. Die Anreize könnten verpuffen, wenn sich die Unternehmen entscheiden, nicht in die reife heimische Ökonomie zu investieren, sondern anderswo. Viele Ökonomen sprechen deshalb von einer "Unzeit" für die Reform, die Trump aus politischen Gründen durchboxen will.
Was sagen die Europäer?
Sie warnen vor Wettbewerbsverzerrungen im Handel mit den USA. Peter Altmaier und vier weitere europäische Finanzminister warnten in einem Brief an ihren US-Amtskollegen vor einer Benachteiligung ausländischer Firmen. Sorge bereitet ihnen etwa eine angedachte Steuer von 20 Prozent auf Zahlungen an Konzernteile außerhalb der USA - eine Art Sonderabgabe. Es geht um eine Regelung namens "excise tax", die das Repräsentantenhaus gefordert hatte. Dies würde etwa Autokonzerne mit Produktionsstandorten in den USA treffen, weil sie viele Teile für die Montage etwa aus Deutschland einführen.
Unklar blieb, ob in dem nun gefundenen, fast 500 Seiten starken Kompromiss mit dem Senat eine solche Regelung - die zu einer Doppelbesteuerung führen könnte - noch enthalten ist. Experten der Bundesregierung sowie von Wirtschaftsverbänden prüfen dies derzeit intensiv.
Folgen für die deutsche Wirtschaft
Viele Politiker, auch Wirtschaftsverbände und Ökonomen warnen vor Nachteilen für die deutsche Wirtschaft. Durch die Senkung der Unternehmensteuern könnten Investitionen in die USA verlagert werden - und in Deutschland sinken.
Dies könnte am Ende auf Kosten deutscher Jobs gehen. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, bezeichnete die US-Reform bereits als "absolute Kampfansage".
Zwar könnten von einer Belebung der US-Konjunktur durch eine Steuerreform indirekt auch deutsche Unternehmen profitieren, denn die USA importieren viele deutsche Produkte. Allerdings: Eine Senkung der US-Unternehmensteuern schaffe Anreize für deutsche Unternehmen, profitable Investitionen in die USA selbst zu verlagern, sagte der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, Clemens Fuest: "Das ist aber schlecht für Deutschland, wir wollen diese Investitionen hier, wir brauchen die Arbeitsplätze und das Steueraufkommen."
Der Europaabgeordnete Sven Giegold von den Grünen sagte: "Der Steuerwettbewerb wird fulminant angeheizt." Dies liegt aber auch daran, dass die USA eine neue Methodik zur Steuererhebung anwenden wollen, die mit den mühsam international vereinbarten Grundsätzen - etwa bei den G20 - nur schwer vereinbar ist.
Auswirkungen auf die Unternehmensteuern in Deutschland
Die deutsche Industrie hat sich schon klar positioniert: Wenn die USA die Steuern für Unternehmen senken, müsse Deutschland nachziehen. Sprich: Auch hier solle dann die Last verringert werden. Hierzulande liegen die Unternehmensteuern derzeit bei mehr als 30 Prozent.
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, forderte, Deutschland werde die Steuerbelastungen seiner Wirtschaft überprüfen müssen. Die letzte umfassende Reform der Unternehmensbesteuerung liege schon zehn Jahre zurück. BDI-Präsident Kempf sagte: "Steuerpolitik ist immer auch Standortpolitik."