US-Kongresswahl
2. November 2006In der zurückliegenden Legislaturperiode verabschiedete das Repräsentantenhaus einen Gesetzesvorschlag, mit dem die Kriminalisierung der Einwanderung verschärft worden wäre. Doch dafür gab es im Senat keine Mehrheit. Der Senat wollte den Status eines Teiles der mehr als zehn Millionen illegal in den USA lebenden Einwanderer, die vor allem aus Lateinamerika stammen, unter bestimmten Auflagen legalisieren. Aber dafür gab es wiederum im Repräsentantenhaus keine Mehrheit.
Genauso umstritten wie zwischen beiden Kongresskammern ist die Einwanderungsproblematik auch unter den Kandidaten für den neuen Kongress, der am 7. November zur Wahl steht. Dabei verlaufen die Trennlinien längst nicht immer entlang der Parteigrenzen zwischen Republikanern und Demokraten. Vor allem in den südlichen US-Bundesstaaten ist die Einwanderungsfrage eines der am heftigsten diskutierten Wahlkampfthemen.
Wahlkampfschlachten um illegale Einwanderung
Dabei werfen sich die Kandidaten beider Parteien für ein Kongressmandat häufig gegenseitig vor, nicht gegnügend zu tun, um die illegale Zuwanderung in die Vereinigten Staaten zu begrenzen. Zum Beispiel in Georgia, wo nach Schätzungen allein mehr als eine viertel Million illegaler Einwanderer leben und wo das Parlament des Einzelstaats ein Gesetz verabschiedet hat, dass Einwanderer ohne Aufenthaltserlaubnis von gewissen staatlichen Leistungen ausschließt.
In einem Wahlkampfspot des republikanischen Kandidaten für das Abgeordnetenhaus, Max Burns, heißt es: "Georgias Problem mit der illegalen Einwanderung wächst am schnellsten innerhalb der USA. Aber unser Kongressabgeordneter John Barrow ist dafür, die Illegalen zu integrieren. Er hat sogar dafür gestimmt, illegalen Immigranten den Krankenhausaufenthalt zu bezahlen." Der demokratische Amtsinhaber Jon Barrow, der zur Wiederwahl steht, schlägt mit einem eigenen Wahlkampfspot zurück: "Max Burns hat im Kongress dafür gestimmt, die illegale Anwesenheit in den USA als Verbrechen zu deklarieren. Und er hat dafür gestimmt, Arbeitgeber, die illegale Einwanderer beschäftigen, zu bestrafen."
Der US-Kongress konnte sich in der zurückliegenden Legislaturperiode nur auf millionenschwere Investitionen für die Grenzbefestigung an der amerikanisch-mexikanischen Grenze einigen. Wie man mit den schon in den USA lebenden illegalen Einwanderern umgehen soll, darüber gab es keine Einigung.
Eine Frage der Kosten
Dass die Wähler ihre Wahl der künftigen Kongressabgeordneten auch von der Einwanderungsfrage abhängig machen, liegt nach Ansicht der Wahlforscherin Kellyanne Conway vor allem an dem auch in den USA härter werdenden Verteilungskampf. "Die Leute betrachten das Problem der illegalen Einwanderung unter ökonomischen Aspekten. Sie sagen, ich bezahle mit meinen Steuern für extra Schulen, Krankenhäuser und Straßen. Die Einwanderer sind eine Belastung."
Doch ob die Republikaner aus dieser Haltung Kapital schlagen können, erscheint zweifelhaft. Denn auch viele demokratische Wahlkreiskandidaten machen sich die Ressentiments gegen die illegalen Einwanderer zunutze. Außerdem konnte Präsident Bush, der sich für eine teilweise Legalisierung der illegal in den USA lebenden Einwanderer ausgesprochen hat, im letzten Wahlkampf gerade unter Wählern lateinamerikanischer Herkunft Pluspunkte sammeln.
Verliererthema für die Republikaner
Simon Rosenberg vom Wahlforschungsinstitut NDN glaubt jedoch, dass das der Republikanischen Partei in diesem Wahlkampf wenig nützen wird. "Ich halte das Thema für ein Verlierethema für die Republikaner. Die 'Latinos' sind die zahlenmäßig am stärksten wachsende Gruppe unter der Wählerschaft - und sie wissen, dass es die Republikaner sind, die den Einwanderern das Leben schwer machen. So wird diese Partei Mühe haben, im 21. Jahrhundert in den USA Wahlen zu gewinnen."
Auch die gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil überdurchschnittliche Zahl von US-Soldaten lateinamerikanischr Herkunft im Irakkrieg - und die entsprechend hohe Zahl von Toten - habe die Bush-Partei bei den Latinos unpopulär gemacht, sagt Rosenberg. Die Einwanderung ist in diesem Kongress-Wahlkampf in jedem Fall ein brisantes, wenn auch zweischneidiges Schwert.