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Politik

Der Kampf gegen die Wahlmaschine

Michael Knigge jmw
4. November 2018

Vor zwei Jahren sollen sich russische Hacker in den US-Wahlkampf eingemischt haben. Vor den anstehenden Zwischenwahlen ist die Angst vor einer Wiederholung groß - besonders im Bundesstaat Georgia.

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Eine elektronische Wahlmaschine in Maryland (Foto: picture-alliance)
Bild: picture-alliance/dpa/M. Cavanaugh

An einem Freitagnachmittag im Juli kam die Kontroverse um russische Hacker, die die Wahlen in den USA beeinflusst haben sollen, in Madison im US-Bundesstaat Georgia an. Jeanne Dufort scrollte in ihrem kleinen Immobilienbüro durch ihren Nachrichtenfeed, als die bundesstaatliche Anklageschrift gegen russische Hacker ihr Interesse weckte. Die Russen sollten es auf Webseiten in Georgia abgesehen und so die Wahlen im Jahr 2016 beeinflusst haben.

"Das hat uns auf eine sehr, sehr spezifische Art getroffen", sagte Dufort in einem Interview in einem Café in Madison, einer Gemeinde mit rund 4000 Einwohnern, 70 Minuten östlich von Atlanta. "Wir hören schon lange von Russen, Hackern und Facebook", sagte sie. Aber eine Bundesanklageschrift, in der es um die Einmischung Russlands in Wahlen in Georgia geht und die vom stellvertretenden Justizminister Rod Rosenstein stammt - das hebe das Problem auf ein neues Level. "Das hat sich sehr persönlich angefühlt", so Dufort, die Mitglied der Demokraten im Bezirk Morgan County ist.

Umstrittene Wahlmaschinen seit 2002

Was die Enthüllung für Dufort relevant gemacht hat, ist die Tatsache, dass Georgia einer von nur fünf Bundesstaaten ist, die sich ausschließlich auf elektronische Wahlmaschinen verlassen und keine überprüfbaren Wahlzettel aus Papier haben. Georgia war der erste Staat, der solche Wahlmaschinen 2002 einführte.

Eine elektronische Wahlmaschine (Foto: DW/M. Knigge)
Eine umstrittene WahlmaschineBild: DW/M. Knigge

Bei den Midterm Elections, den Zwischenwahlen im kommenden Monat, werden die 6,8 Millionen Wahlberechtigten in Georgia in mehr als 2600 Wahlbezirken ihre Stimme an 28.000 dieser elektronischen Wahlmaschinen abgeben. Sie funktionieren wie ein Touchscreen-Computer. Allerdings sagen Experten, die Systeme seien höchst problematisch.

Im vergangenen Monat veröffentlichte die Nationale Akademie der Wissenschaften einen langen Bericht. Darin heißt es, dass "jede Anstrengung unternommen werden sollte, um bei den Parlamentswahlen 2018 Stimmzettel aus Papier zu verwenden". Maschinen, "die keinen Ausdruck der Wahl produzieren, der vom Wähler verifiziert und in Kontrollen benutzt werden könnte, sollten so schnell wie möglich aus dem Einsatz genommen werden."

Einsatz für mehr Wahlsicherheit

Die 29-seitige Bundesanklageschrift nennt keine Bezirke, die von dem Hackerangriff betroffen gewesen sein sollen. Deswegen fragte sich Jeanne Dufort, ob ihr Morgan County dazu gehört, und was zu tun wäre, um das Wahlsystem abzusichern. So kam sie schnell mit Dutton Morehouse in Kontakt. Er ist Vorsitzender der Demokraten in ihrem Bezirk, und zusammen beschlossen sie, sich für das aus ihrer Sicht einzig wirksame Mittel gegen Georgias lasche Wahlsicherheit einzusetzen: den Wechsel von elektronischen Wahlmaschinen zu Stimmzetteln aus Papier.

Jeann Dufort und Dutton Morehouse (Foto: DW/M. Knigge)
Kämpfen weiter für einen Wechsel des Wahlsystems: Jeanne Dufort und Dutton MorehouseBild: DW/M. Knigge

"Wir wollten einfach ein Zeichen setzen und zeigen, dass das ein Thema ist, mit dem man sich beschäftigen muss. Und wenn die Leute weiter oben damit nicht umgehen können, müssen wir hier etwas tun und zeigen, dass es auch anders geht", sagte Morehouse.

Als Behörden später bekannt gaben, dass Morgan County nicht von dem Hackerangriff betroffen gewesen sei, beeinflusste das die Meinung von Dufort und Morehouse kaum. Während die beiden auf lokaler Ebene für ihr Anliegen kämpften, klagten Anwälte in Georgias Hauptstadt Atlanta, um das Thema im ganzen Staat zu anzugehen.

"Es gibt so viele Wege hinein"

Einer derjenigen, die sich für den Wechsel aussprachen, war Richard DeMillo, Informatiker und ehemaliger Dekan an der Georgia Tech-Universität. In einem Interview gab er eine vernichtende Einschätzung des Wahlsystems in Georgia ab. Er halte es für das schlimmste und am leichtesten zu hackende in den ganzen Vereinigten Staaten.

"Es gibt so viele Wege hinein. Jeder, der die Wahlen beeinflussen will, hat nicht viel Arbeit damit", sagte DeMillo. Als Beispiel nannte er das Jahr 2016. Damals wurden unter anderem die persönlichen Daten von Millionen Wählern in Georgia über einen unsicheren Server ausspioniert. Außerdem beschuldigte er Wahlhelfer, Daten über Modems zu verschicken, die einfach zu hacken seien. Deshalb habe er als Übergangslösung vorgeschlagen, die Wahlen so durchzuführen, "wie es Deutschland und Irland und so viele westliche Demokratien machen - mit Papier."

Klage abgewiesen - Maschinen bleiben

Im vergangenen Monat hat eine Richterin in Atlanta den Wechsel abgelehnt. Die Begründung: Es könnte Chaos in den Wochen vor der Wahl auslösen. Außerdem würde die Nutzung der elektronischen Wahlmaschinen Zeit sparen. Inhaltlich stellte sich sie aber auf die Seite der Kläger: Das System sei "veraltet" und "verletzlich".

Eine Lokalzeitung (Foto: DW/M. Knigge)
Auch die Lokalpresse widmet sich immer wieder dem Topthema WahlzettelBild: DW/M. Knigge

Anders sah das Richard Barron. Er ist in Fulton County für die Wahlen zuständig und verteidigte vor Gericht den Einsatz der elektronischen Wahlmaschinen. In einem kürzlich veröffentlichten Interview tat er die Warnungen der Experten als "unrealistische Szenarien" ab.

Es gebe genug Schutz, um zu verhindern, dass an dem System herumgepfuscht werden könne. Hingegen warf er den Klägern vor, Zwietracht zu säen. Auch die Richterin attackierte er: "Es schien, als hätte sie sich ihre Meinung an dem Morgen ausgedacht als die Sitzung begann. Ich war enttäuscht: Sie schien überhaupt nicht unparteiisch zu sein." Seine Botschaft an die Wähler ist einfach: Ignoriert die Kontroverse.

Keine Änderung in Georgia

In Madison kann Barrons Rat die Zweifel von Jeanne Dufort und Dutton Morehouse nicht zerstreuen. Allerdings wurde ihr Antrag in Morgan County in einer knappen Entscheidung abgelehnt. Der Bezirk wolle den Staat nicht überstimmen. Jetzt sieht es so aus, als würden die Wahlen in ganz Georgia wie geplant mit elektronischen Wahlmaschinen stattfinden.

Dufort will deshalb per Briefwahl wählen, damit ein physischer Beweis ihrer Stimme vorliegt. Für sie ist klar: Dieses Schlamassel bedeutet, dass Russland in gewisser Weise schon gewonnen hat - weil die Wähler dem staatlichen Wahlsystem nicht mehr trauen könnten.

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