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USA: Die Pipeline-Attacke und ihre Folgen

12. Mai 2021

Nach dem Cyber-Angriff auf die größte Pipeline der USA soll sich die Lage bald wieder normalisieren. Inzwischen werden die Folgen für die Wirtschaft sichtbar und die Suche nach den Verantwortlichen nimmt Fahrt auf.

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US-Pipeline soll nach Cyberangriff Ende der Woche wieder laufen
Bild: Kevin G. Hall/ZUMA/imago images

Die US-Bundespolizei FBI hat eine Hackergruppe namens Darkside für den Cyberangriff auf die größte Pipeline des Landes verantwortlich gemacht. Bei der Hackerattacke auf den Betreiber Colonial Pipeline sei die Ransomware von Darkside eingesetzt worden, hatte das FBI am Montag erklärt. Mit einem solchen Schadprogramm versuchen Hacker, Computersysteme zu sperren oder zu verschlüsseln und von den Nutzern Geld für die Freigabe der Daten zu erpressen.

Colonial hatte mitgeteilt, die Firma habe bestimmte Systeme nach einer Cyberattacke vom Netz genommen, um die Bedrohung einzudämmen. In der Folge sei der Betrieb der Pipeline zeitweilig komplett zum Erliegen gekommen. Die Betreiber schalteten am Freitag die Behörden und eine externe IT-Sicherheitsfirma ein.

US-Pipeline soll nach Cyberangriff Ende der Woche wieder laufen
Eigentlich gehören Pipelines zur kritischen und schutzbedürftigen Infrastruktur. Hier scheint das nicht geklappt zu habenBild: Jim Watson/AFP/Getty Images

Reine Geldgier

Eine ranghohe Vertreterin des Weißen Hauses, Elizabeth Sherwood-Randall, erklärte, Präsident Joe Biden werde regelmäßig über den Zwischenfall unterrichtet.

Anne Neuberger, stellvertretende Nationale Sicherheitsberaterin und zuständig für Cyber-Technologien, erklärte, die Regierung habe keine Informationen darüber, ob der Pipeline-Betreiber den Erpressern ein Lösegeld gezahlt habe. Momentan sei von einem "kriminellen Akt" auszugehen, es würden aber alle Hinweise geprüft, auch mit Blick auf eine mögliche Verwicklung staatlicher Akteure.

Unterdessen hat sich Darkside auf ihrer Website zu Wort gemeldet. "Unser Ziel ist, Geld zu machen und nicht Probleme für die Gesellschaft", teilten die Mitglieder in einem Statement mit. Sie fügten hinzu, unpolitisch zu sein.

Auch das US-Militär ist betroffen

Die Colonial Pipeline ist gemessen am transportierten Volumen die größte Pipeline der USA. Jeden Tag fließen mehr als 2,5 Millionen Barrel (ein Barrel sind 159 Liter) an Benzin, Diesel, Kerosin und anderen Erdölprodukten durch die Rohrleitungen.

Die Pipeline ist rund 8850 Kilometer lang und verbindet  die am Golf von Mexiko liegende Raffinerien mit dem Süden und Osten der USA. Das Unternehmen transportiert etwa 45 Prozent aller an der Ostküste verbrauchten Kraftstoffe und beliefert mehr als 50 Millionen Amerikaner. Zu den Abnehmern gehören auch die US-Streitkräfte.

Die US-Fluggesellschaft American Airlines will zwei ihrer Langstreckenflüge wegen Treibstoffmangels zwischenlanden lassen. Wie das Unternehmen mitteilt, sollen die Maschinen auf dem Flug von Charlotte, North Carolina, nach Hawaii einen Tank-Stop in Dallas einlegen. Die Flugzeuge von Charlotte nach London sollen in Boston zwischenlanden, um Treibstoff zu tanken. Man werde voraussichtlich am 15. Mai zum ursprünglichen Flugplan zurückkehren.

Lokale Preisanstiege

An den Tankstellen im Osten sind die Auswirkungen der Cyber-Attacke schon spürbar: Laut der Marktanalysefirma Gasbuddy nahmen Versorgungsengpässe zu. In Atlanta etwa hätten rund 20 Prozent der Tankstellen zuletzt kein Benzin gehabt. Auch andernorts gab es demnach teilweise leere Zapfsäulen. Regional stiegen die Treibstoffpreise an, bisweilen auf den höchsten Stand seit sieben Jahren. 

Die Regierung bat derweil darum, von Hamsterkäufen abzusehen. "Wir haben genug Benzin, wir müssen es nur zu den richtigen Orten bringen", sagte Energieministerin Jennifer Granholm.

USA I Pipeline Cyber Security Angriff
Lediglich in einigen Bundesstaaten ist die Lage an den Tankstellen angespannt - im Großen und Ganzen läuft es aber nochBild: Matt Hamilton/Chattanooga Times Free Press/AP/picture alliance

Die Märkte warten ab

Am Erdölmarkt hat der Pipeline-Ausfall nur zeitweise für steigende Preise gesorgt. So sind die Ölpreise sind am Mittwoch im frühen Handel leicht gestiegen, nachdem sie am Vortag noch nachgegeben hatten. Am Morgen kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 68,62 US-Dollar. Das waren sieben Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte WTI stieg ebenfalls leicht auf 65,37 Dollar.

Etwas Unterstützung erhielten die Ölpreise durch neue Lagerdaten aus den USA. Das American Petroleum Institute gab am Dienstagabend einen Rückgang der Ölreserven bekannt. Am Mittwochnachmittag veröffentlicht das Energieministerium seine wöchentlichen Daten, die an den Märkten stets genau beäugt werden.

Ein längerer Ausfall dürfte jedoch zu Engpässen in der Benzin- und Dieselversorgung führen. "Eine längere Unterbrechung der Pipeline hätte weitreichende Auswirkungen auf den Ölmarkt - nicht nur in den USA, auch in Europa", prognostizieren die Rohstoffexperten der Commerzbank. So würden die USA die fehlenden Mengen Benzin auch in Europa nachfragen. "In der Folge könnten also auch hier die Benzinpreise steigen."

Auch die Natur muss sich jetzt gedulden

Nach dem Hackerangriff haben die US-Behörden Umweltvorgaben für Benzin vorübergehend aufgehoben. Damit solle einer drohenden Treibstoffknappheit in den Bundesstaaten Maryland, Pennsylvania und Virginia sowie in der Hauptstadt Washington entgegengewirkt werden, erklärte der Chef der Umweltbehörde EPA, Michael Regan, am Dienstag. Mit dem Notfall-Erlass werden Vorgaben zum Verkauf von Benzin mit Zusatzstoffen ausgesetzt, die den Treibstoff weniger umweltschädlich machen.

"Der außergewöhnliche Pipeline-Shutdown hat sich auf die Versorgung mit Benzin ausgewirkt", erklärte EPA-Chef Regan. Deswegen seien Schritte notwendig, "um eine Unterbrechung eines angemessenen Angebots von Benzin für Konsumenten zu minimieren oder zu verhindern." Die Ausnahmegenehmigung gilt zunächst bis zum 18. Mai.

dk/hb (rtr, dpa, afp)