Washingtons Kanonenboot-Diplomatie
27. Oktober 2015Der Zerstörer "USS Lassen" der US-Marine hat sich der Zwölf-Meilen-Zone um mehrere von China errichtete künstliche Inseln im Südchinesischen Meer genähert. Dies verlautete aus US-Verteidigungskreisen. Das Kriegsschiff habe seine Patrouillenfahrt am frühen Dienstagmorgen in Richtung zweier Riffe im Spratly-Archipel aufgenommen, die China seit 2014 in künstliche Inseln umwandelt. Die "Lassen" werde sich dort mehrere Stunden lang aufhalten. Weitere Patrouillenfahrten sollten in den kommenden Wochen folgen. Damit ziehen die USA die von China reklamierten Hoheitsrechte in der Region in Zweifel.
Die chinesische Botschaft in Washington kritisierte die Patrouillenfahrt. Die USA sollten jede Provokation vermeiden und stattdessen alles tun, um den Frieden und die Stabilität in der Region zu wahren. Die Regierung in Peking hatte bereits im vergangenen Monat erklärt, sie werde keinem Staat gestatten, die chinesischen Hoheitsgewässer und den Luftraum über den Spratly-Inseln zu verletzen.
Die zahlreichen Eilande, Riffe und Atolle, die zu der Inselgruppe gehören, sind zwischen mehreren Ländern umstritten. Neben China erheben Vietnam, Malaysia, Brunei, die Philippinen und Taiwan Ansprüche.
Peking baut dort mehrere Korallenriffe durch Aufschüttungen zu künstlichen Inseln aus und treibt auf einem der Riffe offenbar sogar den Bau einer Start- und Landebahn voran. Die USA hatten China im Mai mit Blick auf die Aufschüttungen eindringlich zur Zurückhaltung gemahnt.
Die Spratly-Inseln liegen an einer der wichtigsten Schifffahrtsrouten der Welt. Zudem werden dort Erdöl- und Erdgasvorkommen vermutet. Die USA befürchten auch, dass China die künstlichen Inseln in der Region errichtet hat, um seine militärische Reichweite im Südchinesischen Meer zu vergrößern.
Peking vertritt die Ansicht, China habe Hoheitsrechte über nahezu das gesamte Südchinesische Meer, einschließlich der Küstengewässer anderer Staaten. Noch Mitte Oktober bekräftigte Chinas Präsident Xi Jinping den Standpunkt des Landes, dass die umstrittenen Inseln und Riffe in dem Gebiet seit Urzeiten chinesisches Territorium seien. China werde niemandem gestatten, seine Souveränität, seine Rechte und Interessen im Südchinesischen Meer zu verletzen.
stu/gri (afp, dpa, rtr)