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USA koordinieren Haiti-Hilfe

16. Januar 2010

Nach dem schweren Erdbeben greift die internationale Hilfe in Haiti nur schleppend. Die USA haben die Kontrolle des völlig überlasteten Flughafens übernommen. Aber es gibt Hoffnung: 24 Menschen konnten gerettet werden.

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Menschen auf der Flucht vor der Polizei (Foto: AP)
In Port-au-Prince kommt es zunehmend zu PlünderungenBild: AP

Als Nadelöhr für die Helfer erwies sich erneut der völlig überlastete Flughafen der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince, wo einige Flugzeuge mit Helfern und Hilfsgütern abgewiesen werden mussten. Korrespondenten berichten, selbst in unmittelbarer Nähe des Flughafens seien immer noch traumatisierte Menschen ohne Nahrung, Wasser oder medizinische Hilfe.

USA schalten sich ein

Jetzt wollen sich die USA an die Spitze der internationalen Hilfsbemühungen stellen: Die haitianische Regierung übertrug den USA die Koordination des Flughafens. 10.000 US-Soldaten sollen sich um die Verteilung der Hilfsgüter kümmern, ein Flugzeugträger wird ebenfalls eingesetzt.

Ein US-Feldlazarett mit rund 30 Ärzten soll am Sonntag (17.01.2010) in die Region geschickt werden, außerdem soll in der nächsten Woche ein Krankenhausschiff anlegen, in dem bis zu 25 Operationen täglich vorgenommen werden können.

Haiti vor schweren Unruhen?

Zelte von Obdachlosen (Foto: AP)
Leben unter Zeltplanen: Durch das Beben wurden schätzungsweise 1,5 Millionen Haitianer obdachlosBild: AP

Fragt sich nur, ob diese Hilfe noch rechtzeitig kommt. Denn die Lage in Haiti wird immer katastrophaler: Mittlerweile ziehen immer mehr Straßenbanden durch Port-au-Prince, um zu plündern. Die anfängliche Solidarität unter den Überlebenden schwinde langsam, es drohe Anarchie, heißt es.

Auch die Verteilung der Hilfsgüter gestaltet sich angesichts logistischer Probleme äußerst schwierig. Helfer befürchten Ausschreitungen, sollten Trinkwasser, Lebensmittel und Medikamente nicht bald die verzweifelten Überlebenden erreichen. Auch eine UN-Sprecherin betonte, "das Risiko, schon sehr bald soziale Unruhen zu bekommen", mache rasches Handeln wichtig.

Deutsche Helfer vor Ort

Inzwischen sind auch deutsche Helfer vor Ort: Am Freitag trafen Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks (THW) in Port-au-Prince ein. Die Einsatzkräfte würden nun Anlagen zur Trinkwasseraufbereitung aufbauen und das gesäuberte Wasser an die Bevölkerung verteilen, teilte das THW mit. Mit den Anlagen könnten rund 6000 Liter Trinkwasser in der Stunde produziert werden, womit etwa 30.000 Menschen versorgt werden könnten.

Zerstörte Kathedrale von Port-au-Prince (Foto: AP)
Gotteshaus in Trümmern: Auch die Kathedrale von Port-au-Prince hielt dem Beben nicht StandBild: AP

Das Beben der Stärke 7,0 vom vergangenen Dienstag hat die ohnehin schlechte Infrastuktur des ärmsten Landes der westlichen Hemisphäre weitgehend zerstört. Haitis Gesundheitsminister Alex Larson sagte: "Dreiviertel von Port-au-Prince muss wieder neu aufgebaut werden." Auf die Frage, wie gut die Regierung ausgerüstet sei, sagte der Gesundheitsminister: "Ich habe nicht einmal einen Wattebausch." Über die Lage außerhalb von Port-au-Prince gibt es keine verlässlichen Angaben, vor allem im Süden Haitis dürfte die Situation aber ebenfalls dramatisch sein.

140.000 Tote?

Auch die Bergung der Toten kommt nur langsam voran. Es wird befürchtet, dass die rasche Verwesung der Leichen bei Temperaturen von fast 30 Grad die Entstehung von Seuchen begünstigt. Gestank und Fliegen machen das Leben zusätzlich unerträglich. Die Menschen halten sich Tücher vor Mund und Nase, viele schmieren sich Zahnpasta unter die Nase, das lindere den Gestank und schütze vor Bakterien, erklärt ein Einheimischer.

Französische Helfer im Einsatz (Foto: AP)
Im Dauereinsatz: Bergungshelfer aus aller Welt stoßen an die Grenzen ihrer BelastbarkeitBild: AP

Die Regierung geht inzwischen davon aus, dass durch das Beben bis zu 140.000 Menschen ums Leben gekommen sein könnten. Etwa 40.000 Leichen seien bereits bestattet worden, teilte der für die Innere Sicherheit zuständige Minister Aramick Louis mit. Für viele Verschüttete dürfte jede Hilfe zu spät kommen. Ein Mensch kann nur wenige Tage ohne Trinken überleben.

Wunder und Hoffnung

Dennoch gibt es auch Hoffnung. So wurde in der Nacht zu Samstag ein Kleinkind nahezu unverletzt aus den Trümmern geborgen. In einem Hotel wurden 23 Menschen lebend befreit - eine absolute Seltenheit. Nachrichten wie diese motivieren die Helfer aus der ganzen Welt, weiter zu graben, Tag und Nacht.

Die Vereinten Nationen riefen zu Spenden für die Erdbeben-Opfer auf. UN-Nothilfekoordinator John Holmes bezifferte den finanzellen Bedarf für Sofortmaßnahmen auf mindestens 560 Millionen Dollar. Am Sonntag will UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in die Erdbebenregion reisen.

Kleinkind in den Armen eines Helfers (Foto: ap)
Bereits am Donnerstag war ein Kleinkind lebend aus den Trümmern geborgen wordenBild: ap

Beben auch in Venezuela

Auch die Karibikküste Venezuelas wurde von einem Erdbeben erschüttert. Die Erdstöße trafen vor allem die Küstenstädte Puerto La Cruz und Carupano, wo die Bewohner in Panik auf die Straßen liefen. Über größere Schäden wurde nichts bekannt. Nach Angaben von US-Geologen hatte das Beben die Stärke 5,7 und war damit deutlich schwächer als das in Haiti.

Autor: Christian Walz/Anna Kuhn-Osius (rtr, afp, dpa, apn)
Redaktion: Hans Ziegler