USA nehmen Abschied von Ruth Bader Ginsburg
23. September 2020In der US-Hauptstadt Washington haben die Trauerzeremonien für die verstorbene Richterin Ruth Bader Ginsburg begonnen. Ihr Sarg ist noch bis Donnerstag öffentlich zugänglich vor dem Sitz des Supreme Court aufgebahrt. Am Freitag soll ihr Sarg ins Capitol gebracht werden. Ginsburg ist die erste Frau und nach William Howard Taft die zweite Supreme Court-Richterin, der diese Ehre zuteil wird. Vor seiner Berufung an das Gericht 1921 war Taft der 27. Präsident der USA.
Abschied von einer Ikone
Nächste Woche soll Ruth Bader Ginsburg schließlich bei einer privaten Beisetzung neben ihrem 2010 verstorbenen Ehemann Martin Ginsburg auf dem Nationalfriedhof in Arlington bestattet werden. Sie war am späten Freitag (Ortszeit) im Alter von 87 Jahren nach Komplikationen bei einer Krebserkrankung gestorben. Die liberale Richterin hatte in ihren 27 Jahren am Obersten Gericht einige wegweisende Urteile zu Gleichberechtigung in der Gesellschaft maßgeblich mitgestaltet.
"Ihre Stimme im Gerichtssaal und bei unseren Sitzungen war ruhig, aber wenn sie sprach, haben die Leute zugehört", sagte der Vorsitzende Richter, John Roberts. Er beschrieb seine Kollegin bei einer Zeremonie in der Vorhalle des Gerichts als "zäh, mutig, eine Kämpferin, eine Siegerin", aber auch "nachdenklich, sorgsam, leidenschaftlich, und ehrlich". In den letzten Jahren ihres Lebens hatte die kleine, aber stark auftretende Frau an Popularität unter dem Spitznamen "Notorious RBG" gewonnen.
Chief Justice Roberts sagte: "Es hieß, Ruth wollte eine Opernvirtuosin werden, stattdessen wurde sie ein Rockstar." Sie habe ihre Bühne gefunden. Sie gilt als Ikone liberaler Rechtskultur - ihr Tod in den letzten Wochen der laufenden Präsidentschaft Donald Trumps hatte bei vielen US-Bürgerinnen und Bürgern Trauer ausgelöst.
Trump will am Samstag Nachfolgerin nominieren
Trump hat angekündigt, er würde der Richterin am Donnerstag vor dem Supreme Court "seinen Respekt zollen". Ginsburg hatte ihrer Enkelin als letzten Willen gesagt, sie hoffe, dass erst nach der Wahl am 3. November ein neuer Präsident über die Nachbesetzung ihres Sitzes befinden würde. Donald Trump hat jedoch bereits angekündigt, am Samstag bekannt zu geben, wen er für den vakant gewordenen Richterpostens vorschlagen will. Er sagte, es gebe "enorme Unterstützung" in seiner Partei für eine rasche Nominierung.
Damit würde er die Rechtsprechung über Jahre deutlich prägen, weil die Richterämter auf Lebenszeit vergeben werden und dann konservative Richter eine 6-zu-3-Mehrheit halten würden. Trump hat in dieser Amtszeit bereits zwei konservative Kandidaten durchgesetzt. Als im letzten Jahr der Präsidentschaft Barack Obamas der Richter Antonin Scalia gestorben war, hatten die Republikaner im Senat die Nachbesetzung mit Verweis auf die Wahl blockiert.
Weil sie im Senat auch diesmal eine Mehrheit verfügen, könnten sie eine Wunschkandidatin Trumps schnell bestätigen, allerdings könnten die Demokraten die Anhörungen in die Länge ziehen. Am 3. Januar tritt der neue Senat erstmals zusammen - bei dieser Wahl stehen dort hauptsächlich von Republikanern gehaltene Mandate zur Neubesetzung.
ehl/haz (ap, dpa)