USA warnen Moskau im Fall Nawalny
18. April 2021Seit rund zweieinhalb Wochen ist der russische Oppositionelle Alexej Nawalny im Hungerstreik. Angeblich ist er bereits in Lebensgefahr. Der Opposition nahestehende Ärzte warnten angesichts des sich verschlechternden Gesundheitszustandes des 44-Jährigen vor einem Herzstillstand. Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch schrieb mit eindringlichen Worten: "Alexej stirbt." Der Tod sei nur eine Frage von Tagen. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben nicht, da in dem Straflager etwa 100 Kilometer von Moskau keinem externen Arzt ein Zugang zu Nawalny gewährt wird.
USA: Moskau trägt die Verantwortung
Die US-Regierung warnt deshalb Moskau: "Es wird Konsequenzen geben, falls Nawalny stirbt", sagte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, dem Sender CNN. "Wir haben der russischen Regierung mitgeteilt, dass das, was mit Nawalny in ihrem Gewahrsam geschieht, in ihrer Verantwortung liegt." Über mögliche spezifische Maßnahmen gegen Russland in einem solchen Fall wolle er derzeit nicht öffentlich sprechen, sagte Sullivan weiter.
Der deutsche Außenminister Heiko Maas appellierte an Moskau: "Wir fordern dringend, dass Alexej Nawalny eine adäquate medizinische Behandlung und Zugang zu Ärzten seines Vertrauens bekommt." Sein Recht auf medizinische Betreuung müsse ihm "unverzüglich gewährt werden", sagte der SPD-Politiker der "Bild"-Zeitung.
Sein französischer Ressortkollege Jean-Yves Le Drian schloss beim Sender France 3 auch neue EU-Sanktionen nicht aus. Die Situation sei "extrem besorgniserregend". Russlands Präsident Wladimir Putin trage eine "große Verantwortung".
Nawalnys Tochter Dascha, die in den USA studiert, forderte auf Twitter medizinische Hilfe für ihren Vater:
Mit der Forderung nach ärztlicher Hilfe für Nawalny hatten sich am Samstag bereits mehr als 70 Prominente in einem offenen Brief an Putin gewandt. "Als russischer Staatsbürger hat Nawalny das Recht, von einem Arzt seiner Wahl untersucht und behandelt zu werden", heißt es in dem Appell, der von mehreren europäischen Tageszeitungen abgedruckt wurde.
Nawalny befindet seit dem 31. März im Hungerstreik. Ihm droht Zwangsernährung. Am Samstag forderten seine persönliche Ärztin Anastasia Wasiljewa und drei Kollegen, darunter ein Herz-Spezialist, Zugang zu dem Inhaftierten. Nawalny klagte zuletzt über Rückenleiden, Lähmungserscheinungen in den Gliedmaßen, Fieber und Husten. Die vier Mediziner sprachen zudem von kritischen Kaliumwerten, was zu Nierenversagen und schweren Herzrhythmusstörungen führen könne. "Wir sind extrem besorgt über seinen Zustand", heißt es in dem Brief an den Chef des russischen Strafvollzugs, Alexander Kalaschnikow.
Nawalny hatte im vergangenen August einen Anschlag in Russland mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok überlebt. Er macht Putin persönlich für den Giftanschlag verantwortlich. Er gilt als wichtigster Widersacher des Präsidenten. Nach einem Gerichtsurteil von Anfang Februar, das westliche Beobachter als politisch motiviert werten, sitzt Nawalny in einem Straflager ein.
Das Unterstützerteam des Kremlkritikers hat für kommenden Mittwoch zu neuen Protesten aufgerufen. Wenn Präsident Putin seine Rede an die Nation hält, sollten sich die Menschen auf den zentralen Plätzen der Städte versammeln.
qu/rb (dpa, afp, rtr)