Venezuela: Ein Fotograf auf seiner Mission
Der Fotograf Ivan Reyes hält den Aufstand der Venezolaner gegen ihre Regierung in Bildern fest. Die DW hat mit ihm über seine Arbeit gesprochen.
Journalismus aus Not
"Ich hatte erst ein Jahr als Journalist gearbeitet, als die Proteste im Februar 2014 ausbrachen. Seitdem sind viele unabhängige Medien entstanden - weil die Regierung die etablierten Medien zensiert. So bin ich Foto-Reporter geworden", erzählt Ivan Reyes. Die neue Protestwelle, die seit Ende März 2017 anhält, hat er Tag für Tag in Bildern festgehalten.
Willkommen in der Steinzeit
Der Entscheid des Obersten Gerichtshofs, oppositionellen Parlamentariern die Immunität zu entziehen, hat die Protestwelle ausgelöst, die das Land seit März in Atem hält. Obwohl die Proteste zunächst friedlich verliefen, begannen Regierungskräfte Steine auf die Demonstranten zu werfen: "Wirklich, man hat den Polizisten Steine gegeben! Dieser Mann wurde am 4. April von einem getroffen", sagt Reyes.
Gegen internationale Gesetze
Jeden Tag gibt es irgendwo in der Hauptstadt Caracas Demonstrationen. Viele enden an den großen Ausfallstraßen. Diese Polizisten auf einem Highway schießen Tränengasgranaten mitten zwischen die Demonstranten. "Die Granaten müssen nach internationalen Gesetzen über die Köpfe der Menschen fliegen. Aber oft werden sie waagerecht in die Menge gefeuert."
"Maduros Diktatur ist 'Tod'"
Juan Pablo Pernalete starb am 26. April, nachdem ihn eine Tränengasgranate am Kopf getroffen hatte. Der Tod des 20-jährigen Studenten entfachte Wut und Mitgefühl bei den Demonstranten: "Sie riefen im Chor: 'Wir alle sind Juan´", erzählt Reyes. Beim Begräbnis überreichte Pernaletes Familie Oppositionsführer Henrique Capriles eine Medaille, die der Junge bei nationalen Jugendspielen gewonnen hatte.
Verzweifelte Gegenwehr
Obwohl die Anführer zu Gewaltfreiheit aufrufen, haben verschiedene Gruppen damit begonnen, sich mit selbstgebauten Waffen wie Steinschleudern und Molotov-Cocktails gegen die Regierungskräfte zur Wehr zu setzen. "Sie scheinen jeden Tag besser organisiert zu sein", sagt Reyes, "Aber das ist ein Kampf, den sie nicht gewinnen können."
Helden des Tages
"Jesús war einer der Verletzten der Demonstration vom 4. Mai. Er wurde am Kopf getroffen, fiel zu Boden und rang um Atem. Einige Demonstranten bekamen das mit und trugen ihn aus der Menge, wo er erste Hilfe von Sanitätern bekam. Sie und die Ärzte von 'Primeros Axilios UCV' sind die wahren Helden der Geschichte", sagt Reyes über die Organisation, die die Proteste begleitet, um Verletzte zu retten.
Die Wut der Frauen
Der Frauenmarsch der Oppositionspartei MUD am 6. Mai sollte eigentlich vor dem Justizpalast in Caracas enden. Doch eine Einheit weiblicher Sicherheitskräfte stoppte sie vor dem Ziel. Die Demonstrantinnen trugen weiße Kleidung - in Anlehnung an die "Damen in Weiß" in Kuba, die seit 2003 jeden Sonntag für die Freilassung ihrer inhaftierten Ehemänner und anderer politischer Gefangener demonstrieren.
Ode an Venezuela
Dieses Foto verbreitete sich rasend schnell im Internet, unmittelbar nachdem Ivan Reyes es am 8. Mai veröffentlicht hatte. Der junge Mann spielte im Gehen die venezolanische Nationalhymne auf seiner Geige. "Ich glaube nicht, dass die Proteste in absehbarer Zeit aufhören werden", sagt Reyes. "Wir werden sehen, welche Seite zuerst nachgibt."