Guaidó verliert Immunität
3. April 2019Im andauernden Machtkampf zwischen Regierung und Opposition in Venezuela hat die regierungstreue Verfassunggebende Versammlung dem selbst ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó (Artikelbild) die parlamentarische Immunität entzogen. Das teilte der Vorsitzende der Versammlung, Diosdado Cabello, in Caracas mit.
Guaidó hatte zuvor gesagt, er befürchte seine Festnahme, sollte er seine parlamentarische Immunität verlieren. Gegen ihn laufen Ermittlungen wegen des Vorwurfs, das Amt des Staatschefs widerrechtlich an sich gerissen zu haben. Die Justiz wirft Guaidó zudem vor, im Februar trotz einer Ausreisesperre das Land verlassen und eine Reihe südamerikanischer Länder besucht zu haben. Zuletzt war ihm zudem die Ausübung politischer Ämter für 15 Jahre untersagt worden.
Guaidó sagte vor seinen Anhängern, das werde ihn nicht bremsen. "Wir kennen das Risiko, aber wir werden nicht vom Weg abkommen." Er rief seine Anhänger für die kommenden Tage zu weiteren Protesten gegen die Regierung des sozialistischen Staatschefs Nicolás Maduro auf. "Wir sind die Mehrheit und das werden wir auf der Straße zeigen."
Scharfe Worte aus Berlin
Die deutsche Bundesregierung verurteilt den Entzug der Immunität nach den Worten von Regierungssprecher Steffen Seibert "ausdrücklich": "Ich möchte daran erinnern, dass die EU-Staaten schon 2017, nach Einsetzung dieser Versammlung, erklärt hatten, dass sie die Beschlüsse dieser Versammlung nicht anerkennen werden", sagte Seibert. "Diese Versammlung wurde eingesetzt, um die demokratisch legitimierte Nationalversammlung Venezuelas zu entmachten." Deswegen verfüge sie aus deutscher Sicht über keine demokratische Legitimität. "Mit dem jetzigen Schritt, also dem Entzug der Immunität von Juan Guaido zeigt sie ein weiteres Mal, dass sie dem Maduro-Regime dazu dient, die demokratischen Kräfte des Landes zu unterwandern und seinen Machterhalt zu sichern", sagte Seibert.
Die USA hatten der Regierung bereits mehrfach mit harten Konsequenzen gedroht, sollte Guaidó festgenommen werden oder ihm etwas zustoßen.
Monatelanger Machtkampf
Guaidó liefert sich seit mehr als zwei Monaten einen erbitterten Machtkampf mit dem umstrittenen sozialistischen Staatschef Maduro. Er hatte sich am 23. Januar zum Übergangspräsidenten erklärt und Maduro die Legitimation abgesprochen. Der Vorsitzende des von der Opposition kontrollierten Parlaments fordert seitdem den Rücktritt Maduros, die Einsetzung einer Übergangsregierung und die Ausrufung von freien Wahlen.
Maduro hat das gewählte venezolanische Parlament, dem Guaidó vorsteht, durch die Einrichtung der ihm treu ergebenen Verfassunggebenden Versammlung, die erstmals im Jahr 2017 zusammenkam, de facto entmachtet.
Rund 50 Staaten erkennen den 35-Jährigen inzwischen an, darunter Deutschland, die USA und eine Reihe südamerikanischer Länder. Russland, China und Kuba hingegen unterstützen weiterhin Maduro. Auch das mächtige venezolanische Militär hält ihm bislang die Treue. Guaidó will den Druck erhöhen und den Staatschef mit seiner Operation Freiheit in den kommenden Wochen nun aus dem Amt drängen.
stu/mak (dpa, afp)