Venezuelas Parlament endgültig entmachtet
9. August 2017Der Abgeordnete Jorge Millán erklärte, neben der Nationalgarde seien auch von der Regierung bewaffnete zivile Gruppen vor dem Parlament aufgezogen. Auch einige Journalisten beklagten, dass ihnen der Zugang zum Parlament verweigert worden war. Soldaten hatten das Gebäude abgeriegelt, 15 Abgeordnete konnten das Parlament nicht betreten.
Parlamentarier berichteten zudem, dass sich die Militärs Zutritt zu den bisherigen Räumlichkeiten des Parlaments verschafft hätten, damit die Sitzung der Verfassungsgebenden Versammlung vorbereitet werden konnte. Sie hat als übergeordnetes Staatsorgan das Parlament de facto entmachtet und tagte erstmals in dessen bisherigen Saal.
Staatsorgan mit großer Linientreue
Staatspräsident Nicolás Maduro preist das Gremium als "Volksversammlung", doch darin sitzen fast nur linientreue Regierungsanhänger. Die Wahl der 545 Mitglieder war von Betrugsvorwürfen und einem Boykott der Opposition überschattet.
Noch am Montag tagte das von der Opposition dominierte Parlament in dem Gebäude, es erkennt die Entscheidung der Verfassungsgebenden Versammlung nicht an. "Diese Regierung dringt in Räume ein, die sie auf legitime Weise nicht gewinnen kann", sagte der Fraktionschef der Opposition, Stalin González zu der "Kaperung" des Parlamentssaals.
Harte Kritik der UN
Die Vereinten Nationen erheben schwere Gewalt- und Foltervorwürfe gegen die Regierung Maduro. Bei den monatelangen Protesten sei es zu unverhältnismäßiger Gewalt gegen Demonstranten gekommen. Experten hätten zudem willkürliche Verhaftungen, Folter und gewalttätige Hausdurchsuchungen festgestellt. "Diese Verstöße sind inmitten des Zusammenbruchs der Rechtsstaatlichkeit in Venezuela aufgetreten", sagte UN-Menschenrechtskommissar Said Raad al-Hussein.
Rückhalt von Maradona
Maduro erhielt unterdessen prominente Unterstützung: Der frühere Fußballstar Diego Maradona aus Argentinien sicherte ihm notfalls eine bewaffnete Unterstützung zu. "Wenn Maduro es befiehlt, werde ich mich als Soldat für ein freies Venezuela kleiden, um gegen den Imperialismus zu kämpfen", schrieb Maradona auf Facebook. Maradona gilt als Anhänger der linken Regierungen Lateinamerikas. Einer der führenden venezolanischen Oppositionspolitiker, Henrique Capriles, warf Maradona eine Verblendung vor. Er forderte ihn auf, in Venezuela mal mit dem Mindestlohn von monatlich maximal 15 Dollar zu leben.
fab/ust (dpa, afp)