Vereinte Nationen befürchten Völkermord in Darfur
11. Oktober 2005Die Gewalt gegen Zivilisten eskaliere, sagte der UN-Sonderbeauftragte für die Verhinderung von Völkermord, Juan Mendez. Davon habe er sich bei einem Besuch in den Flüchtlingslagern der Region überzeugt. "Die Situation ist viel gefährlicher, als ich erwartet hatte", sagte Mendez am Montagabend (10.10.2005). Alle Konfliktparteien seien weiter in Kampfhandlungen verwickelt.
"Sicherheitsrat muss Druck erhöhen"
Es bestehe die Gefahr, dass sich die Gewalt in der Region zu einem Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausweite. Der UN-Sicherheitsrat müsse seinen Druck auf die Regierung in Khartum erhöhen, die arabischen Milizen zu entwaffnen. Diese werden für Gräueltaten an der schwarzafrikanischen Bevölkerung in Darfur verantwortlich gemacht. Die Milizen haben nach UN-Angaben schon mindestens 180.000 Menschen getötet und zwei Millionen vertrieben.
Mendez warf der sudanesischen Regierung vor, die Verantwortlichen für die Morde der Milizen nicht zur Rechenschaft zu ziehen. Die Regierung erfülle in keiner Weise ihre Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Vielmehr nehme die sudanesische Regierung nur "kosmetische Korrekturen" vor, um Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. "Wir können die sudanesische Regierung nicht so weiter machen lassen", sagte Mendez.
Der UN-Botschafter der USA, John Bolton, hinderte Mendez gegen den Willen von UN-Generalsekretär Kofi Annan und anderen Ratsmitgliedern daran, das Gremium über die Lage zu unterrichten. Der Sicherheitsrat müsse handeln und nicht nur über die Probleme in Darfur reden, begründete Bolton sein Vorgehen. Erst kürzlich habe der beigeordnete Generalsekretär für Friedenseinsätze, Hedi Annabi, den Rat über die Lage in der Krisenregion informiert.
UN drohen mit Einstellung der Hilfsleistungen
Ihre Beurteilung der Lage verknüpfen die Vereinten Nationen mit der Drohung, die Hilfsleistungen für die Region einzustellen. Wenn es weiter so gefährlich sei, dort humanitäre Hilfe zu leisten, könne die Hilfe "von einem Tag auf den anderen gestoppt werden", hatte der UN-Hilfskoordinator Jan Egeland kürzlich erklärt.
Derzeit sind 11.000 Helfer in der Krisenregion eingesetzt. Für ihre schlechte Sicherheitslage machte Egeland insbesondere die zögerliche Stationierung ausländischer Friedenstruppen verantwortlich. Die internationale Gemeinschaft müsse auf die Konfliktparteien im Sudan stärkeren Druck ausüben.
Zuvor hatte sich bereits die Afrikanische Union (AU) besorgt über die Lage in Darfur geäußert. Am Montag (10.10.) waren fast vierzig Friedenssoldaten der AU entführt, dann aber größtenteils wieder freigelassen worden. In der Vorwoche hatte es die ersten Todesopfer der Mission gegeben. Die 6300 Soldaten der Friedensmission sollen Zivilisten schützen und Verstöße gegen den im April 2004 beschlossenen Waffenstillstand melden. (daw)