Verfassung auf Xi Jinping zugeschnitten
26. Februar 2018Die Ankündigung durch Chinas Staatsmedien vom Sonntag, wonach die Zahl der Amtsperioden des Staatspräsidenten künftig nicht mehr begrenzt sein soll, rief in den chinesischen sozialen Netzwerken ironische Kommentare hervor. Einige Kostproben: "Lebe ich in China oder in Nordkorea?" - "Meine Mutter sagt mir, dass ich noch während der Amtszeit von Xi einen Mann finden soll. Dann brauche ich mich ja nicht mehr zu beeilen" - "China hat nun auch einen Machtpolitiker namens Mugabe." Robert Mugabe hatte bekanntlich Simbabwe drei Jahrzehnte lang regiert. Diese und ähnliche Kommentare wurden aber von der chinesischen Zensur schnell gelöscht.
Die Abschaffung der Obergrenze der Amtszeiten des Staatspräsidenten ist der nächste logische Schritt der Machtzementierung des "großen Xi" ("Xi Dada"), so die volkstümliche Bezeichnung, die sich für Xi inzwischen eingebürgert hat. Bereits auf dem Parteitag im vergangenen Oktober wurde durch den Verzicht auf die Präsentation eines potentiellen Nachfolgers als Parteichef in fünf Jahren deutlich, dass für Xi neue Regeln gelten würden.
"Verfassungsänderung im Eiltempo"
Chinas Präsident hat als Staatsoberhaupt rein repräsentative Aufgaben und für das politische Leben keine gestaltende Funktion; dieses Verfassungsorgan existiert überhaupt erst seit 1982. Trotzdem steht diese relativ unwichtige Funktion bei der Aufzählung der drei offiziellen Titel Xis in den staatlichen Medien an zweiter Stelle: "Generalsekretär des ZK, Staatspräsident und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission". Letztere Funktion ist entscheidend für die Sicherung der Oberherrschaft der Partei über das Militär.
Nur für das Amt des Staatspräsidenten galt bislang eine Begrenzung der Amtszeiten, nicht für die von Parteichef und Vorsitz der Militärkommission. Für letztere gilt seit dem Ende der Mao-Ära Ende der 70er Jahre eine inoffizielle Begrenzung auf ebenfalls zwei Amtszeiten. Nur Xi Jinpings Vor-Vorgänger Jiang Zemin behielt den Vorsitz der Militärkommission nach seinem Abtreten als Parteichef noch knapp zwei Jahre lang, was in der Partei stark umstritten war. Dass der chinesische Staatspräsident nach Ablauf seiner Amtszeit weiterhin als Partei- und Militärchef fungiert, wäre jedenfalls schwer vorstellbar. Mit der jetzigen Verfassungsänderung "könnte Xi theoretisch über China länger herrschen als Mugabe über Simbabwe", sagt Parteihistoriker Zhang Lifan.
Er weist gegenüber der DW auf das "Eiltempo" hin, in der das Verfahren zur Verfassungsänderung stattfindet. Am 26.1. ging das Schreiben des Zentralkomitees der KP mit dem entsprechenden "Vorschlag" an den Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses. Vier Tage später wurde der Gesetzentwurf zur Änderung der Verfassung vom Ständigen Ausschuss einstimmig verabschiedet. Am kommenden Montag (5.3.) kommen knapp 3000 Delegierte zur konstituierenden Sitzung des 13. Nationalen Volkskongress (NVK) zusammen. Dort dürfte die Verfassungsänderung beschlossen werden, für die formell eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig ist.
Neue Korruptionsbehörde mit Verfassungsrang
Neben Xi steht ein anderer Name im Zusammenhang mit der geplanten Verfassungsänderung: Der 70-jährige Wang Qishan, der 2017 auf dem 19. Parteitag aus Altersgründen als ständiges Mitglied des Politbüros ausgeschieden ist. Er ist ein enger Vertrauter Xis, sein Name ist ein Synonym für Xi Jinpings beispiellose Kampagne gegen Korruption.
Der neue Verfassungsentwurf sieht die Schaffung einer "Nationale Überwachungskommission" vor, eine Superbehörde gegen Korruption mit Verfassungsrang. Ihr designierter Chef ist Wang Qishan, der formal vom Volkskongress gewählt werden soll, wie der Ministerpräsident, der Vorsitzende des Verfassungsgerichts und der Obersten Staatsanwaltschaft. Alles Verfassungsorgane, für deren Inhaber weiterhin maximal zwei Amtszeiten gelten. Nur beim Staatspräsidenten soll nun die Ausnahme möglich sein.