Verschärfte Töne und ein Punktsieger
14. Oktober 2004US-Präsident George W. Bush und sein demokratischer Herausforderer John Kerry haben in ihrer dritten und letzten Fernsehdebatte 20 Tage vor der Wahl am 2. November ihre gegenseitigen Attacken verschärft. In dem TV-Duell am Mittwochabend (13.10., Ortszeit) in Tempe (Bundesstaat Arizona) standen das Gesundheitswesen, die Beschäftigungspolitik, Steuern und Haushaltsdefizit im Mittelpunkt, aber auch Sicherheitsfragen wurden angesprochen. Wie beim ersten Fernsehduell am 30. September stellten sich die beiden Kandidaten am Rednerpult den Fragen des CBS-Moderators Bob Schieffer. Nach jüngsten Umfragen liefern sich die beiden Kandidaten immer noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Bush porträtierte seinen Kontrahenten in dem 90-minütigen TV-Duell als einen äußerst liberalen Politiker, der der US-Regierung weitgehende Eingriffe in das Leben der Bürger erlauben wolle. Kerry seinerseits warf Bush vor, ein gigantisches Staatsdefizit aufgebaut und das Wohlergehen der Bevölkerung eklatant vernachlässigt zu haben.
"Nicht so sicher, wie wir es sein sollten"
Die Debatte begann mit Fragen zur Sicherheit der USA. Der demokratische Präsidentschaftsbewerber John Kerry hat Amtsinhaber George W. Bush dabei eine mangelhafte Sicherheitspolitik vorgeworfen. "Dieser Präsident hat uns bedauerlicherweise in einen Krieg gestürzt, Entscheidungen zur Außenpolitik getroffen und Bündnisse beiseite geschoben", sagte Kerry. "Als Ergebnis trägt Amerika jetzt diese außerordentliche Bürde, dass wir nicht so sicher sind, wie wir es sein sollten." Der demokratische Senator betonte: "Wir können bei der Inneren Sicherheit bessere Arbeit leisten."
Bush verteidigte den Kampf seiner Regierung gegen den Terrorismus und sagte, die Vereinigten Staaten würden sicher, "wenn wir weiterhin gegen die Terroristen vorgehen und wenn wir in der ganzen Welt Freiheit verbreiten". Es sei ein Fortschritt, dass drei Viertel der Führungsmitglieder der Terrororganisation El Kaida festgenommen worden seien.
"Weit links"
Der republikanische Amtsinhaber warf dem Kandidaten der Demokratischen Partei vor, mit seinen Positionen "weit links" zu stehen. Dieser beschuldigte Bush, den Blick für elementare Bedürfnisse der Bevölkerung verloren zu haben. Während der Amtszeit Bushs hätten fünf Millionen Menschen ihren Versicherungsschutz vor Krankheiten verloren, sagte Kerry und fügte hinzu: "Dieser Präsident hat dem Wohlergehen Amerikas den Rücken zugewandt." Der Präsident entgegnete, die Ankündigung Kerrys für eine Ausweitung der Krankenversicherung sei ein leeres Versprechen, das die Steuerzahler fünf Billionen Dollar kosten würde. Kerry hielt Bush das Rekorddefizit im Staatshaushalt und den Verlust von Arbeitsplätzen vor. Der Präsident stellte den Kandidaten der Demokraten umgekehrt als Vertreter einer Politik dar, die nichts anderes kenne als höhere Steuern und steigende Staatsausgaben.
Der Präsident warf seinem Herausforderer vor, eine ganze Liste von Beschwerden zu haben, aber keinen Plan. Um seine Versprechen bei den Wählern einzulösen, müsse Kerry nicht nur die Steuersenkungen Bushs zu Gunsten der Mittelklasse rückgängig machen, sondern darüber hinaus die Steuern erhöhen. Kerry verbat es sich im Gegenzug, sich von Bush über Steuer-Verantwortung belehren zu lassen. "Dieser Präsident hat einen Überschuss von 5,6 Billionen Dollar übernommen und ihn in Defizite umgewandelt, soweit das Auge reicht."
"Leeres Versprechen"
Der Demokrat hat für den Fall seiner Wahl ein Gesundheitsprogramm angekündigt, das nach Einschätzung von Experten innerhalb von zehn Jahren 900 Milliarden Dollar kosten wird. Bush sprach von 1,5 Billionen Dollar und einem "leeren Versprechen" Kerrys. Bush sagte, Kerrys Gesundheitsplan sei kein brauchbarer Plan, wenn man ihn nicht finanzieren könne. Kerry versprach: "Ich werde aufstehen und für die amerikanischen Arbeiter kämpfen. Und ich werde das in steuerpolitisch gesunder Weise tun."
Offizielle aus beiden Lagern waren nach der Debatte darum bemüht, jeweils ihren Kandidaten als den Sieger darzustellen. Neutralen Beobachter bot die Debatte allerdings weder inhaltliches noch vom Auftreten der Kandidaten her Neues: Kerry trat als der staatsmännische Kandidat mit ausgefeilter Rhetorik auf. Bush appellierte in der Defensive eher an die Gefühle, sprach in kurzen einfachen Sätzen und vermied diesmal die Grimassen der ersten Debatte. Einen klaren Gewinner wollte kaum einer der Beobachter entdeckt haben.
Die amerikanischen Wähler sahen dies anscheinend etwas anders: Nach einer repräsentativen Blitzumfrage des US-Nachrichtensenders CNN sahen 52 Prozent Kerry vorn, Bush nur 39 Prozent. (sams)