Versorgung in Port-au-Prince vor dem Kollaps
4. Oktober 2019Nach Medienberichten steht die Hauptstadt Port-an-Prince vor einer humanitären Krise. Die Nahrungsmittelversorgung droht zusammenzubrechen, da seit rund drei Wochen die wichtigsten Zufahrtsstraßen blockiert werden. Kliniken, Waisenhäuser und Ambulanzen seien nur bedingt einsatzfähig, weil es unter anderem seit Wochen an Benzin und sauberem Wasser fehle, teilte das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (Ocha) mit.
Die Hilfsprogramme der UN und von Nichtregierungsorganisationen könnten wegen der Straßensperren nur eingeschränkt arbeiten. Viele Schulen seien geschlossen, schätzungsweise zwei Millionen Kinder und Jugendliche hätten in Haiti derzeit keinen Zugang zu Bildung.
In der Stadt Les Cayes im Süden des Karibikstaats plünderten Banden eine Reihe von Geschäften und griffen Händler an, wie örtliche Rundfunksender berichten. Vermummte Schlägertrupps kontrollieren demnach die Straßen.
Der Protest richtet sich vor allem gegen den seit Februar 2017 amtierenden Präsidenten Jovenel Moïse. Ihm und seiner Regierung werden zahlreiche Korruptionsaffären und persönliche Bereicherung angelastet, während ein Großteil der Bevölkerung Haitis kaum genug zum Überleben hat.
Seit Monaten fordern Regierungsgegner den Rücktritt des Staatschefs, immer wieder gibt es heftige Proteste. Die Demonstrierenden werfen der Regierung unter anderem vor, Geld aus dem sogenannten Petrocaribe-Programm veruntreut zu haben, über das Haiti jahrelang Erdöllieferungen aus Venezuela zu günstigen Konditionen erhalten hatte. Die Demonstranten haben angekündigt, sie seien entschlossen, ihren Protest bis zum Sturz der Regierung fortzusetzen.
Haiti ist das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Der Staat mit etwa elf Millionen Einwohnern ist weitgehend von Hilfszahlungen aus dem Ausland abhängig. Die Bevölkerung leidet unter Kriminalität, Massenarbeitslosigkeit, Korruption und einer hohen Inflationsrate. Noch verschärft wurde die Lage durch ein verheerendes Erdbeben im Januar 2010, bei dem etwa 200.000 Menschen ums Leben kamen. Drei Fünftel der haitianischen Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze von zwei US-Dollar am Tag.
qu/se (dpa, ape)