Vertrauensvorschuss für Platzeck
14. Januar 2013Der SPD-Politiker hatte die Vertrauensfrage gestellt, um sich so nach eigenen Worten die größtmögliche Legitimation zu verschaffen, bevor er am Mittwoch den Vorsitz im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft von seinem SPD-Parteifreund, Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit, übernehmen will. Bei der Abstimmung stand die Koalition von SPD und Linkspartei erwartungsgemäß geschlossen hinter ihrem Spitzenmann. Platzeck erhielt 55 von 87 abgegebenen Stimmen.
Bisher war der brandenburgische Ministerpräsident Stellvertreter Wowereits in dem Aufsichtsgremium des Pannenflughafens. Der Bürgermeister hatte seinen Rücktritt vom AR-Vorsitz erklärt, nachdem der Eröffnungstermin für den Airport in Schönefeld vergangene Woche ein viertes Mal verschoben worden war. Wann auf dem "Willy-Brandt"-Flughafen Flugzeuge starten und landen werden, ist derzeit völlig unklar. Im Berliner Abgeordnetenhaus war am Samstag ein Misstrauensantrag der Opposition gegen Wowereit gescheitert.
In der Landtagsdebatte in Potsdam sprach Platzeck angesichts der erneuten Verschiebung der Inbetriebnahme von einem "ramponierten Image" der Länder Berlin und Brandenburg sowie Deutschlands. Er wolle sich jedoch in schwieriger Lage nicht in die Büsche schlagen, sondern noch mehr Verantwortung übernehmen und sich deshalb zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates wählen lassen.
Nötig sei am Flughafen ein "Geist des gemeinsamen Anpackens". Alle müssten an einem Strang ziehen - und zwar in dieselbe Richtung. Dieser "Geist des gemeinsamen Zupackens" müsse alle Beteiligten erfassen, also auch die Baufirmen und die drei Anteilseigner Berlin, Brandenburg und Bund, sagte der SPD-Politiker. Die Zukunftsfähigkeit Brandenburgs hänge davon ab, dass es in der Region einen leistungsstarken Flughafen gebe. Das Projekt liege ihm persönlich am Herzen.
Die oppositionelle CDU machte den Regierungschef mitverantwortlich für die Pannen auf der Baustelle in Schönefeld. Platzeck tue so, als sei er mit dem Debakel "nur am Rande befasst" gewesen, dabei habe er eine "Hauptrolle gespielt", sagte CDU-Fraktionschef Dieter Dombrowski.
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) erwägt unterdessen nach eigenen Worten wegen der erneuten Verschiebung der Flughafen-Eröffnung hohe Schadenersatzforderungen gegen die Verantwortlichen. Der Aufsichtsrat sei von der Geschäftsführung zumindest unvollständig und möglicherweise falsch informiert worden. Außerdem sei schadhaft und schlampig gebaut worden, sagte Ramsauer dem Bayerischen Rundfunk. Die Verantwortlichkeiten müssten geklärt werden, und gegebenenfalls "müssen wir auch saftige Schadenersatzforderungen geltend machen", sagte der CSU-Politiker.
wl/sti (dpa, rtr, dapd, afp)