Vielvölkerregion Kaukasus
13. August 2009Die Kaukasusregion ist mit rund 400.000 Quadratkilometern in etwa so groß wie Deutschland und die Niederlande zusammen. Der Kaukasus liegt zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer und trennt geopolitisch Europa und Asien. In der Region leben etwa 50 Völker, die jeweils ihre eigene Sprache, Religion und Kultur haben.
Vier Staaten liegen offiziell in der Kaukasusregion. Das sind Russland, im Norden und Armenien, Aserbaidschan und Georgien im Süden. Im Nordkaukasus befinden sich im engeren Sinne sieben Teilrepubliken, die eine ethnisch gemischte Bevölkerung haben. Diese Regionen sind (von Ost nach West): Adygien, Karatschai-Tscherkessien, Kabardino-Balkarien, Nordossetien, Inguschetien, Tschetschenien und Dagestan. Südossetien und Abchasien sind außerdem unabhängige Staaten auf georgischem Gebiet im Südkaukasus.
Nationalismus und Territorialansprüche
Der Kaukasus ist eine Konfliktregion in Europa. Nicht nur das Leben auf engstem Raum schürt Feindschaft, auch die geschichtlichen Hintergründe spielen eine große Rolle. Nationalismus und Territorialansprüche prallen aufeinander und mischen sich mit historischen Ereignissen. Der russische Kolonialismus und die Sowjetisierung hinterließen tiefe Spuren: willkürliche Grenzziehungen, Umsiedlungen und Zwangsansiedlungen, Deportation ganzer Völker sowie Massenverfolgung.
Durch den Zusammenbruch der Sowjetunion lösten sich aber auch zentrale Sicherheitsapparate sowie Stabilisierungsmechanismen auf. Ethnische Minderheiten werden nicht zu den neuen Nationen gezählt und werden daher faktisch diskriminiert. Diese Minderheiten sehen ihre Rechte nur über einen Anspruch auf einen eigenen Nationalstaat gesichert. Viele unterschiedliche Umstände kommen also zusammen und lassen die Region zu einem Krisenherd werden.
Der Krieg zwischen Georgien und Russland im Jahr 2008 machte diese Konflikte deutlich. Seit der Auflösung der Sowjetunion Anfang der neunziger Jahre sagte sich Georgien von Russland los. Die Regionen Südossetien und Abchasien, die im georgischen Territorium liegen, erklärten sich unabhängig. Georgien marschierte in diese Regionen ein, um sie zurückzuerobern. Russland aber unterstütze die abtrünnigen Regionen, um seine Macht im Kaukasus zu wahren.
Islamistische Untergrundkämpfer
Diese instabile Situation im Kaukasus wird außerdem von islamistischen Untergrundkämpfern benutzt, um mehr Einfluss zu erlangen. Sie führen einen heiligen Krieg und wollen einen islamischen Gottesstaat errichten. Der frühere tschetschenische Rebellenpräsident Doku Umarow rief gar ein kaukasisches Emirat aus, in dem die Scharia, das islamische Recht, zu gelten habe. Umarow wird aber von verschiedenen tschetschenienschen Separatisten-Bewegungen nicht anerkannt.
In den südrussischen Kaukasusgebieten leben heute auf engem Raum Inguschen, Tschetschenen,Tscherkessen, Awaren, Kabardiner, Russen, Griechen, Armenier und Aserbeidschaner. Alle Völker haben ihre eigene Sprache und Religion. Die Menschen sind überwiegend Muslime, wenige sind orthodoxe Christen – vor allem in Nordossetien – aber auch Juden. Im Kaukasus spielen Familienclans eine wichtige Rolle und nach wie vor gilt das Gesetz der Blutrache.
Wirtschaftlich geht es diesen Regionen schlecht. Eine hohe Arbeitslosenzahl und Perspektivlosigkeit unter den Jugendlichen sind eine ideale Ausgangslage für die Rekrutierung neuer Untergrundkämpfer.
Die geostrategische Lage der Region bietet auch eine große Angriffsfläche von Außen. Zwischen Europa und Asien, Schwarzem und Kaspischen Meer, Russland und dem Nahen Osten, christlich und muslimisch geprägten Ländern gelegen, befindet sich der Kaukasus in einer brenzlichen Lage und ist gleichzeitig von großem Interesse für die Nachbarstaaten. Denn die Region ist reich an Erdöl- und Erdgasvorkommen und Transitland für Öl und Gas aus den Nachbarregionen.
Autorin: Pouyeh Ansari
Redaktion: Julia Kuckelkorn