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Vietnam und USA rücken zusammen

Rodion Ebbighausen6. Juli 2015

Vietnams Parteichef Nguyen Phu Trong reist für drei Tage in die USA. Top-Themen sind das Freihandelsabkommen TPP und die angespannte Sicherheitslage in der Region.

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Vietnam Generalsekretär der Kommunistischen Partei Nguyen Phu Trong
Bild: picture alliance/AP Photo/T. Van Minh

Die wirtschaftliche Kooperation werde sowohl von den USA als auch von Vietnam als "Grundlage und Motor" für die Beziehungen angesehen, so Präsident Obama und sein vietnamesischer Amtskollege Truong Tan Sang nach Unterzeichnung der "umfassenden Partnerschaft" im Jahr 2013. Herzstück ist dabei das Freihandelsabkommen TPP (Transpazifische Partnerschaft). Dieses wurde ursprünglich zwischen den Ländern Brunei, Chile, Neuseeland und Singapur vereinbart. Seither haben acht weitere Nationen Interesse an einer Mitgliedschaft signalisiert und Verhandlungen angestrengt, unter anderen die USA, Japan, Malaysia und Vietnam, aber nicht die Volksrepublik China. Ziel des Abkommens ist eine Erleichterung des Handels durch den Abbau von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen.

US-Außenminister Kerry beim Treffen mit Nguyenn im Dezember 2013. (Foto: Reuters)
US-Außenminister Kerry beim Treffen mit Nguyenn im Dezember 2013Bild: Reuters

TPP als Chance

Die Verhandlungen gerieten immer wieder ins Stocken. Zwischen den USA und Vietnam sind etwa die hohen amerikanischen Standards für den Schutz geistigen Eigentums, die Bestimmungen zum Umweltschutz, der Herkunftsnachweis der Produkte oder die Rechte für Arbeiter umstritten.

Doch Vietnam ist entschlossen, die Schwierigkeiten zu überwinden. Zu verlockend sind die in Aussicht stehenden Impulse für die heimische Wirtschaft. "Vietnam wäre einer der größten Profiteure bei Abschluss der TPP", so die Autoren einer Studie des amerikanischen Center for Strategic and International Studies (CSIS). Auch der Ökonom Peter Petri von der Brandeis Universität in Massachusetts erwartet nach Abschluss der TPP eine Steigerung der Exporte Vietnams um fast 30 Prozent auf über 270 Milliarden Euro. Die ausländischen Direktinvestitionen würden um zwei Prozent wachsen und Vietnam enger in die Weltwirtschaft eingebunden. Erwin Schweisshelm von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Hanoi fügt hinzu: "Es ist Vietnam wichtig, in ein Handelssystem eingebunden zu sein, das von den USA und nicht von China geführt wird." Die wirtschaftliche Dominanz der Volksrepublik sei aus vietnamesischer Sicht in der Region ohnehin zu groß.

Tausende streikten in einer vietnamesischen Fabrik für Adidas- und Nike-Schuhe im April 2015. (Foto: Reuters)
Tausende streikten in einer vietnamesischen Fabrik für Adidas- und Nike-Schuhe Ende März 2015Bild: Reuters

Hindernis Menschen- und Arbeiterrechte

Größtes Hindernis bei den Verhandlungen der TPP ist aus Sicht der USA die Lage der Menschenrechte in Vietnam, insbesondere was die Presse- und Meinungsfreiheit angeht. US-Kongressabgeordnete, die direkt mit den TPP-Verhandlungen befasst sind, bestehen auf konkreten Verbesserungen in diesen Bereichen, bevor sie der TPP zustimmen können.

Die USA wollen Vietnam außerdem dazu bringen, die Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), insbesondere die Versammlungs- und Tarifvertragsfreiheit, zu ratifizieren. Die Kernfrage ist dabei, wie die Konvention in konkrete Gesetze umgesetzt werden könnte. Schweisshelm, der mit einigen der Unterhändler direkt gesprochen hat, weiß: "Diesbezüglich wird noch sehr hart verhandelt. Aber ich glaube, dass Vietnam um eine Änderung des Arbeitsrechts nicht herumkommen wird."

Ein erstes Anzeichen dafür, dass Vietnam einlenkt, ist nach Schweisshelm, dass endlich ein Entwurf des vietnamesischen Innenministeriums ins Parlament eingebracht wird, der bereits seit 23 Jahren in der Schublade liege. Darin geht es um die Versammlungsfreiheit. "Das ist ein Indiz dafür, dass Vietnam den USA zeigen möchte, dass man bereit ist, Vereinigungen außerhalb der Staatsgewerkschaft zuzulassen", sagt Schweisshelm. Bisher sind die Gewerkschafter der Kontrolle durch die Kommunistische Partei unterworfen.

US-Präsident Barack Obama. (Foto: Reuters)
Vietnam will eine Zusicherung von US-Präsident Obama, vietnamesische Interessen im Ernstfall zu schützenBild: Reuters/G. Cameron

Strategische Kooperation

Die Lage der Menschenrechte ist auch das größte Hindernis bei einer Ausweitung der Sicherheitskooperation beider Länder, obwohl, so die Studie von CSIS, beide Länder konvergierende Interessen hätten und das jeweils andere strategisch und geopolitisch enger an sich binden möchten. Die Erweiterung der umfassenden Partnerschaft von 2013 zu einer strategischen Partnerschaft sei allerdings unwahrscheinlich, schreibt der Experte Hai Hong Nguyen auf dem CogitASIA-Blog. Bei einer strategischen Partnerschaft gehe es den USA nicht nur um konvergierende strategische und ökonomische Interessen, sondern auch um gleiche Werte, inklusive Demokratie. Das ginge den Vietnamesen zu weit, zumal 2013 im Partnerschaftsabkommen vereinbart wurde, die Souveränität und das jeweils andere politische System zu respektieren.

Dennoch: "In der strategischen Kalkulation spielt Vietnam für die USA eine sehr wichtige Rolle", sagt Schweisshelm. Seit Obama die Neuausrichtung der US-Außenpolitik ("Rebalancing") nach Asien verkündet hat, um sich gegenüber der aufsteigenden Volksrepublik China stärker in der Region zu positionieren, versuchen die USA neben den traditionellen Partnern Japan und Philippinen neue Verbündete in der Region zu finden.

Vietnams Interessen

Vietnam begrüßt zwar das Engagement der USA, will sich aber seine außenpolitische Freiheit bewahren. Das CSIS schreibt: "Offizielle Vertreter der USA sind sich bewusst, dass es eine Grenze für die Beziehungen gibt. Vietnam will unabhängig bleiben und keine formale militärische Allianz mit einer anderen Nation eingehen."

Teile der vietnamesischen Führung plädieren für eine behutsame Annäherung an den neuen Partner USA, denn nicht alle sind überzeugt, dass das langfristig im Interesse Vietnams ist. Schweisshelm sagt dazu: "Generalsekretär Trong gehört innerhalb der vietnamesischen Regierung zu der Fraktion, die mehr nach China orientiert ist. Diese orthodoxe Fraktion hat immer noch gewisse Vorbehalte gegenüber den USA. Sie ist sich nicht sicher, ob die USA im Ernstfall tatsächlich in der Lage wären, die vietnamesischen Interessen zu schützen." Bei dem geplanten Treffen mit Obama könnte Trong auf eine weitere Zusicherung von Seiten der USA drängen, spekuliert Schweisshelm. Aber selbst wenn auf strategischer Ebene keine substantiellen Fortschritte erzielt werden können, ist sich der Vietnam-Experte sicher, dass einige Streitpunkte bezüglich der wirtschaftlichen Zusammenarbeit gelöst werden. "Es ist wahrscheinlich, dass ein sichtbares Ergebnis sein wird, dass man sich bezüglich TPP grundlegend geeinigt habe." Damit würde das Fundament der US-amerikanisch-vietnamesischen Beziehungen weiter gestärkt.