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Vom romantischen Malerfelsen zum interaktiven Infozentrum

Gaby Reucher21. Juni 2006

Dort, wo Caspar David Friedrich im 19. Jahrhundert mit dem Skizzenblock unterwegs war, steht heute eines der modernsten Informationszentren mit einer multimedialen Ausstellung zur Entstehung der Kreideküste.

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Die Kreidefelsen von RügenBild: dpa

Im äußersten Nordosten Deutschlands erstreckt sich auf mehr als 15 Kilometern Länge eine der interessantesten Kreidefelsen-Steilküsten Deutschlands auf der Insel Rügen. Sie ist Teil des kleinsten deutschen Nationalparks Jasmund, der seit 1990 besteht. Neben den Kreidefelsen prägen auch Rotbuchenwälder, Wiesen und Moore diese 30 Quadratkilometer naturbelassener Fläche. Mit 118 Metern ist der sogenannte Königsstuhl der größte Kreidefelsen und war schon immer ein Anziehungspunkt für Touristen. In der Vergangenheit kamen sie meist mit Bussen vorgefahren und hielten sich im Durchschnitt nur 20 Minuten am Königsstuhl auf, um die schöne Aussicht zu genießen. Vor zwei Jahren wurde ein neues Informationszentrum auf modernstem technischen Stand errichtet, damit die Besucher länger verweilen und sich eingehender mit der Natur beschäftigen.

Zeitreise als Romantiker oder Abenteurer

Nationalpark Königsstuhl auf Rügen
Der Nationalpark Königsstuhl auf Rügen wurde 2004 eröffnetBild: picture-alliance/ ZB

Das Zentrum bietet eine moderne Multivisionsshow, die erste Eindrücke über die Geschichte der Insel, die Pflanzen- und Tierwelt, Kreide und Feuerstein vermittelt. In der Dauerausstellung erfahren die Besucher dann genauer, wie die gigantische Kreideküste entstand, wie Tiere auf dem Meeresgrund leben oder wie die Buchenwälder im Nationalpark geschützt werden. Susanne Schimke kümmert sich um die Presse und Öffentlichkeitsarbeit. "Die Ausstellung auf 2.000 Quadratmetern hat keine langweiligen Texttafeln, sondern ein Kopfhörersystem. Je nachdem, ob man Romantiker, Abenteurer oder Kind ist, bekommt man Kopfhörer aufgesetzt und geht durch die Räume. Jeder geht durch denselben Raum, hört aber etwas anderes."

Nationalpark Zentrum Königsstuhl gut besucht
Blick vom 118 Meter hohen Königsstuhl über die KreidefelsenBild: picture-alliance/ ZB

Auch natürliche Elemente wie Aquarien und ein echter Eisberg bringen den Besuchern die Insel näher. Neben den interaktiven, multimedialen und dreidimensionalen Animationen in der Ausstellung besticht immer noch die Natur selbst: vor 70 Millionen Jahren entstanden die Kreidefelsen aus Lebewesen mit kalkhaltigem Außenskelett, die sich auf dem Meeresgrund abgelagert hatten. Obwohl die Felsen nicht mehr so hoch aufragen, wie Caspar David Friedrich sie malte, sind sie immer noch imposant und bieten einen überwältigenden Ausblick. Auch zu Zeiten Caspar David Friedrichs haben die Felsen wahrscheinlich nicht wirklich so ausgesehen wie er sie darstellte, sagt Nationalpark-Rangerin Susanne Waldmann, die Führungen in der freien Natur anbietet. "Ich muss die Leute, die mich nach dem Gemälde fragen und wissen wollen, wo das entstanden ist, leider immer enttäuschen. Das ist nicht hier am Königsstuhl entstanden." Man vermute, dass es westlich vom Königsstuhl entstanden sei. Aber so, wie Caspar David Friedrich die Kreidefelsen gezeichnet habe, könne man sie nicht mehr sehen, weil immer wieder Stücke abgebrochen seien.

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Rügener Kreidefelsen ins Meer gestürzt
Immer wieder stürzen Teile der Rügener Kreidefelsen ins MeerBild: AP

Der Königsstuhl ist mit 118 Metern der höchste Kreidefelsen. Woher der Felsen seinen Namen hat, weiß man nicht genau. Die einen glauben, unterhalb des Felsens befände sich ein Königsgrab. Andere sagen, der schwedische König habe 1715 von hier aus die Seeschlacht zwischen den Schweden und den Dänen beobachtet. Doch erst Caspar David Friedrich, so heißt es, habe die Kreidefelsen berühmt gemacht und Touristenmassen angelockt. Das erste Gebäude, das 1893 auf dem Königsstuhl gebaut wurde, war ein Gasthaus, das der Preußische König Friedrich Wilhelm IV. im Schweizer Stil errichten ließ. 1945 wurde es als Lazarett genutzt, später dann von der DDR-Regierung zu militärischen Zwecken, wie Rangerin Waldmann erläutert: "Der Boden war hier überall mit Betonplatten zugepflastert. Da drüben hat es eine LKW-Laderampe gegeben und dort bei der Terrasse einen 48 Meter hohen Beobachtungsturm."

Die Kasernen sind dem Informationszentrum gewichen. Das Gasthaus beherbergt auch heute wieder ein Restaurant und statt auf Betonplatten geht man auf Waldboden und Kreidesteinen. 1990 hatte der Ministerrat der DDR entschieden, das Gebiet um die Kreidefelsen zum Nationalpark zu erklären - auf Initiative der Stadt Sassnitz, des Landes Mecklenburg-Vorpommern und des WWF-Deutschland. Durch das vielfältige Angebot sollen die Gäste gelenkt und abgelenkt werden, denn die Besucherzahlen steigen stetig. Wer da den romantischen Eindruck eines Caspar David Friedrich behalten will, der wählt am besten in der Ausstellung über seinen Audioguide die romantische Reise des Abenteurers.