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Schuld und Sühne

Angela Lieber7. März 2007

Pawel Lungins Film "Ostrow" ist ein spirituelles Drama um Schuld und Sühne. Portraitiert wird der Kampf eines russischen Soldaten um Selbstfindung und Identität in den Wirren der Nachkriegszeit.

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"Vater Anatolij" beim Beten
"Vater Anatolij" lebt als Einsiedler auf einer einsamen Insel im sowjetischen PolarmeerBild: Monopole Pathé Films
Kleine Holzkapelle auf der Polarinsel
Der russische Mönch kämpft in der Einöde mit nagenden SchuldgefühlenBild: Monopole Pathé Films

Auf einer abgelegenen Insel im Weißen Meer, nordwestlich von Russland, lebt ein mysteriöser Mönch, der weithin als Wunderheiler bekannt ist. Doch "Vater Anatolis" Wirken wird von einem dunklen Kapitel aus seiner Vergangenheit überschattet. Von den Nazis 1942 vor die Wahl gestellt, einen Offizier aus den eigenen Reihen zu erschießen oder selbst zu sterben, entschloss sich der junge Soldat zum Mord an seinem Vorgesetzten.

Von der Vergangenheit verfolgt

Seit Kriegsende lebt Anatolij zurückgezogen als Einsiedler in der sowjetischen Polarregion und arbeitet als Kesselheizer für eine orthodoxe Klostergemeinschaft. Trotz seiner düsteren Vergangenheit verehrt ihn das Volk als Wunderheiler. Verzweifelte Menschen kommen von nah und fern, um seine magischen Kräfte in Anspruch zu nehmen.

Doch Anatolij wird weiterhin von Schuldgefühlen geplagt. Unaufhörlich bittet er Gott um Vergebung für seine Verzweiflungstat. Als eines Tages ein von weit angereister Admiral die Insel aufsucht, um seine von Dämonen besessene Tochter heilen zu lassen, versinkt der Mönch in seiner größten Identitätskrise.

Spirituelles russisches Kino

Hauptdarsteller Pjotr Mamonov als "Vater Antatolij"
Hauptdarsteller Pjotr Mamonov als "Vater Antatolij"Bild: Monopole Pathé Films

"Ostrow" - außerhalb Russlands auch unter dem Titel "Die Insel" bekannt - ist eine Parabel über das Leben in Schuld und Einsamkeit. Sühne ist dabei eines der zentralen Themen.

Regisseur Pawel Lungin machte sich bereits in der Vergangenheit mit Kinowerken wie "Taxi Blues" (1990), "Hochzeit" (2000), und "Oligarch" (2002) einen Namen.

In einem Interview mit Andrej Plachow von der russischen Tageszeitung "Kommersant" erklärte er, dass es in seinem neusten Werk weniger um Religion und Spiritualität gehe, sondern vielmehr um den Platz des Menschen in der Welt. Die Gesellschaft müsse endlich anfangen, über Dinge wie Ewigkeit, Sünde und Gewissen nachzudenken. Im heutigen Konkurrenzkampf um Erfolg und Geld seien diese Dinge fast vollständig aus dem Alltagsleben verschwunden.

Sechs russische Filmpreise

In Russland hat der Erfolg des Filmes die Medienwelt überrascht: Seit seinem Kinodebüt im November 2006 ist "Ostrow" in Russland zu einem absoluten Kassenschlager geworden. Auch die TV-Erstausstrahlung am 7. Januar soll rund die Hälfte aller Russen vor den Bildschirm gelockt haben, berichteten russische Medien. Einzig die Neujahrsansprache von Präsident Putin habe während der Weihnachtsferien eine höhere Einschaltquote erzielt.

Ausgezeichnet mit sechs russischen Filmpreisen, den so genannten "Solotoi Oriol" ließ der Newcomer in Kategorien wie "Bester Film", "Beste Regie" und "Bestes Drehbuch" seine Mitbewerber hinter sich. Nur knapp verpasste "Ostrow" die Oscar-Vornominierung als "Bester fremdsprachiger Film".

Aufmerksamkeit auch bei europäischen Nachbarn

Auch die deutschen Medien sind auf den ungewöhnlichen Film aufmerksam geworden. So bezeichnete ihn die "FAZ" Ende Januar als "Ausnahmeerfolg". Ostrow spreche die gesamte Bandbreite der russischen Gesellschaft an - vom russischen Ölmillionär und Manager, über den Intellektuellen und Geheimdienstgeneral bis hin zum illegalen Bauarbeiter.

Und auch die Moskauer Deutsche Zeitung (MDZ) urteilt, dass Lungins Werk durch "eine vielschichtige Bildersprache und brillantes Schauspiel" überzeuge.

In der Schweiz kommt "Ostrow" Mitte März in die Kinosäle. In Deutschland ist er unter anderem im Rahmen des goEast-Filmfestivals 2007 zu sehen, das vom 28. März bis zum 3. April in Wiesbaden stattfindet.