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Politik

"Das wird schmerzhaft"

3. Mai 2017

Ein Brandbrief an die Truppe, harsche Reaktionen, eine abgesagte USA-Reise - es läuft gerade nicht so gut für die Verteidigungsministerin. Doch den Prozess, den sie angestoßen hat, will sie nun auch zu Ende führen.

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Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
Bild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

"Das Dunkelfeld auszuleuchten, das wird mühsam, das wird schmerzhaft, das wird nicht schön werden", sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in der ARD-Sendung "Tagesthemen" und versprach eine rigorose Aufklärung der jüngsten Affären in der Bundeswehr: "Das müssen wir durchhalten, das wird Zeit kosten, das wird über Wochen und Monate gehen dieser Prozess, aber er ist zum Besten der Bundeswehr." Die CDU-Politikerin erwähnte in diesem Zusammenhang neben dem Terror- und Rechtsextremismusverdacht gegen den Offizier Franco A. aus der Kaserne im französischen Illkirch auch die Fälle von Erniedrigung, sexueller Herabwürdigung und Schikane in Pfullendorf, Bad Reichenhall und Sondershausen.

Jeder dieser Vorgänge zeige, dass die Bundeswehr ein "echtes Problem" habe, sagte von der Leyen weiter. "Und zwar haben wir ein Problem der Haltung und der Führung vor Ort, denn sonst hätten diese Fälle, die ganz unterschiedlich sind, (...) nicht so lange unter der Oberfläche gehalten werden können und so lange gären können."

Daheim bleiben, aufklären

Von der Leyen war schon am Wochenende mit den Verantwortlichen in ihrer Truppe hart ins Gericht gegangen. Sie sprach von einem "Haltungsproblem", von "Führungsschwäche" und "falsch verstandenem Korpsgeist". Der Bundeswehr-Verband sah wegen solcher Vorwürfe das Vertrauen der Soldaten zu ihrer Oberbefehlshaberin beschädigt. SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold forderte eine Entschuldigung. Der Vorsitzende des Reservistenverbandes, Oswin Veith, nannte in der "Heilbronner Stimme" die Äußerungen der Ministerin jedoch "nachvollziehbar".

Der Fall des Oberleutnants Franco A. hat sich längst zu einem handfesten Skandal entwickelt. Wegen des Verdachts einer staatsgefährdenden Gewalttat hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen an sich gezogen. Es soll Hinweise auf ein rechtes Netzwerk in der Truppe geben. Das Verteidigungsministerium gehe derzeit von bis zu fünf Beteiligten aus, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Dabei habe es sich wohl eher um "kommunikative Stränge" gehandelt, wohl aber nicht um Terrorismus im strafrechtlichen Sinn, sagte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold nach einer zweistündigen Unterrichtung von Bundestagsabgeordneten im Verteidigungsministerium.  

Nach weiteren Medienrecherchen geht es auch um Munitionsdiebstahl am Standort Illkirch in Frankreich, wo Franco A. zuletzt beim deutsch-französischen Bataillon stationiert war. Von der Leyen sagte, es störe sie am meisten, "dass er im Freundeskreis ohne weiteres, im Kameradenkreis ohne weiteres seine Bahnen hat ziehen können". Die Ministerin sagte ihre USA-Reise für diesen Mittwoch ab, um sich der Aufklärung zu widmen. Zudem zitierte sie die militärische Führung nach Berlin.

Alarmglocken überhört

Die Krise hatte am Freitag mit der zunächst skurril klingenden Festnahme des Oberleutnants Franco A. begonnen. Er hatte sich monatelang als syrischer Flüchtling ausgegeben und plante offenbar einen Anschlag. Am Wochenende wurde dann bekannt, dass die Bundeswehr schon seit 2014 von der rechtsextremen Gesinnung des Offiziers wusste, ohne dass Konsequenzen folgten.

Karte Erding Illkirch DEU
Aufwendiges Doppelleben: Eine Autofahrt von Illkirch bis Erding dauert mindestens vier Stunden

Eine erste Untersuchung des Falls durch das Ministerium sei nun zu dem Schluss gekommen, dass der Militärische Abschirmdienst (MAD) "zwingend" über den Verdacht gegen Franco A. hätte unterrichtet werden müssen, berichtet das Redaktionsnetzwerk. Der Offizier war schon wegen seiner ersten Masterarbeit aufgefallen, in der nach den Worten von der Leyens "klares völkisches Gedankengut dargelegt worden ist". Man hätte früher die Alarmglocken hören müssen, sagte die Ministerin, "so dass er nicht mehr hätte Karriere machen können bei der Bundeswehr". Ein Untersuchungsteam habe in der Kaserne Illkirch auch Bilder von Hakenkreuz-Schmierereien und Wehrmachtsemblemen gemacht.

Von der Leyen äußerte sich auch selbstkritisch: "Vielleicht hätte ich früher tiefer graben müssen, aber dafür muss man auch wissen, was vor Ort vor sich geht."

rb/se (afp, dpa, rtr)