Von der Leyen geht auf USA zu
15. Februar 2017Um die europäische Verteidigung zu stärken, will Deutschland mit Partnern militärische Großverbände aufbauen. "NATO-Bündnisverteidigung heißt auch, wieder in größeren Verbänden zu denken", schreibt von der Leyen in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung"."Dazu wollen wir als Europäer bis zu drei gemeinsam ausgestattete und trainierte, damit tief integrierte Divisionen aufbauen." Ähnlich wie bereits mit Frankreich und den Niederlanden praktiziert, biete man etwa Rumänien und Tschechien an, Einheiten dem deutschen Heer anzuschließen. Eine Division ist ein Großverband, der üblicherweise aus mindestens 10.000 Soldaten besteht.
Deutschland will auch Rüstungsprojekte mit europäischen Nachbarländern vorantreiben. So wurden am Rande des Treffens in Brüssel mehrere Absichtserklärungen unterzeichnet. Die Bundeswehr will etwa mit Frankreich eine Flotte von US-Fliegern vom Typ C-130J für den Lufttransport aufstellen - bis zu sechs für Deutschland, bis zu acht für Frankreich. Ab 2021 sollen sie beispielsweise für Evakuierungen aus Kriegsgebieten bereitstehen. Die Flugzeuge sollen für Spezialoperationen eingesetzt werden und auch auf kleinen Flugplätzen landen können, für die die neuen A400M-Maschinen zu groß sind.
Gemeinsam mit Norwegen will Deutschland außerdem U-Boote und Raketen für die Marine entwickeln. Deutschland will sich zudem einer multinationalen Tank- und Transportflugzeugflotte anschließen - gemeinsam mit Ländern wie den Niederlanden sollen acht Airbus 330 beschafft werden. Um den europäischen Pfeiler in der NATO zu stärken, will das deutsche Heer ferner eng mit tschechischen und rumänischen Truppen zusammenarbeiten. "Das sind Beispiele dafür, wie die europäische Sicherheitsunion von unten wächst, stärker wird, stabiler wird, und wie wir ein starker europäischer Pfeiler in der NATO sein können", sagte von der Leyen.
Gelassenheit bei von der Leyen
Zugleich will von der Leyen die Vorwürfe aus den USA nicht überbewerten und versuchte die Drohungen der USA gegen die NATO-Partner herunterzuspielen. Ihr US-Kollege James Mattis habe ihr sehr deutlich klargemacht, wie "unverbrüchlich" die USA zu den gemeinsamen Werten der NATO stünden. Die Amerikaner wissen auch, was sie an Europa und ihren alliierten Freunden haben", sagte die CDU-Politikerin den "ARD-Tagesthemen".
Die Strategie der USA, mit einem Ultimatum einen Plan für höhere Verteidigungsausgaben der Europäer einzufordern, kritisierte von der Leyen nicht direkt. Sie sagte allerdings, kostbar sei in der NATO auch "das tiefe Vertrauen, dass wir füreinander einstehen ohne Wenn und Aber". Der neue US-Verteidigungsminister James Mattis hatte beim Treffen mit seinen NATO-Kollegen gedroht, die US-Unterstützung zurückzufahren, sollten die europäischen Bündnispartner nicht mehr Geld für ihre Sicherheit aufbringen. Mattis forderte von den Alliierten einen klaren Plan zur Steigerung des Militärbudgets bis Ende des Jahres.
Amerika werde seiner Verantwortung nachkommen, heißt es laut Redemanuskript des US-Ministers. "Aber wenn eure Länder nicht sehen wollen, wie Amerika sein Bekenntnis zu diesem Bündnis abschwächt, muss jede Hauptstadt Unterstützung für unsere gemeinsame Verteidigung zeigen." Der amerikanische Steuerzahler könne nicht länger einen unverhältnismäßig hohen Anteil für die Verteidigung westlicher Werte zahlen.
"Verleugnete Realität"
Bereits vor einem Jahrzehnt habe der damalige US-Verteidigungsminister Robert Gates die Bündnispartner gewarnt, die USA verlören ihre Geduld angesichts der ungleichen Lastenverteilung in der NATO, sagte Mattis.
"Die Vernachlässigung militärischer Einsatzbereitschaft demonstriert einen Mangel an Respekt - für uns selbst, für das Bündnis, und für die Freiheiten, die wir geerbt haben, die heute sehr bedroht sind", sagte der Ex-General. "Amerika kann sich nicht stärker um die Sicherheit der Zukunft Ihrer Kinder kümmern als Sie selbst." Mattis rechnete auch mit dem NATO-Kurs der vergangenen Jahre ab. Das Bündnis habe sich nicht an neue Bedrohungen angepasst. Als Beispiel nannte er den von Russland befeuerten Ukraine-Konflikt und die Gefahr durch den islamistischen Terrorismus. Manche Verbündete hätten die Realität verleugnet und weggesehen.
Keine Verpflichtung
Die USA investierten in die Verteidigung 2015 nach vergleichbaren Zahlen rund 594 Milliarden Dollar, während die europäischen Alliierten und Kanada insgesamt lediglich auf etwa 273 Milliarden Dollar kamen. Auf Druck der USA hin hatten sich die Bündnispartner deswegen bereits 2014 das Ziel gesetzt, ihre Verteidigungsausgaben innerhalb eines Jahrzehnts auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu steigern. Eine entsprechende Verpflichtung gibt es allerdings nicht.
cgn/ml (afp, dpa)