Vor 150 Jahren geboren: Der Künstler Ernst Barlach
Der Bildhauer, Grafiker und Literat Ernst Barlach gehört zu den bedeutendsten Künstlern des deutschen Expressionismus. Den Nationalsozialisten galt seine Kunst als "entartet".
Vielseitig begabt
Ernst Barlach, geboren am 2. Januar 1870 im schleswig-holsteinischem Wedel, offenbarte früh seine vielseitigen Begabungen als Theater- und Romanschriftsteller sowie als Bildhauer und Grafiker. Im Alter von 36 Jahren unternahm er eine Reise durch Russland, die ihn und vor allem seine bildhauerische Arbeit nachhaltig prägen sollte.
"Russische Bettlerin II" (Bronze, 1907)
Mit Werken wie der "Russischen Bettlerin II" stellte Barlach Randfiguren der Gesellschaft fortan ins Zentrum seiner Kunst, für ihn Symbole gegen die materielle Gier und die blinde Fortschrittsgläubigkeit seiner Zeit. Bei seinen Ehrenmalen für die Soldaten des Ersten Weltkriegs brachte er Leid und Tod zum Ausdruck, fern jeder Verherrlichung. Das passte nicht zur Ideologie der Nationalsozialisten.
"Der Schwebende" (Neuguss, 1952)
Die Bronzeskulptur "Der Schwebende" schaffte Barlach 1927 als Mahnmal für die Opfer des Ersten Weltkriegs. 1937 wurde die Skulptur von den Nazis abgehängt und schließlich zu Rüstungszwecken eingeschmolzen. Freunde des Künstlers ließen 1939 einen Zweitguss anfertigen, der heutzutage in der Antoniterkirche in Köln hängt. Dies ist der Drittguss, zu sehen im Güstrower Dom in Mecklenburg-Vorpommern.
Käthe Kollwitz' Gesicht
Der Kopf des Schwebenden trägt das Antlitz von Käthe Kollwitz - unbeabsichtigt, wie Barlach erklärte: "In den Engel ist mir das Gesicht von Käthe Kollwitz hineingekommen, ohne dass ich es mir vorgenommen hatte. Hätte ich sowas gewollt, wäre es mir wahrscheinlich missglückt." Die Künstlerin Kollwitz war eine Freundin Barlachs, beide gehörten der Künstlergruppe "Berliner Secession" an.
"Mutter Erde" (Kalkstein, 1921)
Anders als Kollwitz hatte sich Barlach nie explizit gegen die Nazi-Ideologie gestellt. Er selbst sagte einmal von sich: "Ich begehre nichts anderes, als schlecht und recht Künstler zu sein." 1934 unterschrieb er sogar den "Aufruf der Kulturschaffenden" zur Unterstützung Adolf Hitlers. Es konnte seine Karriere nicht retten.
In die künstlerische Verbannung gezwungen
1937 entfernten die Nazis 381 seiner Arbeiten als "entartete Kunst" aus Museen und öffentlichen Räumen, er selbst stand sowohl als Bildhauer als auch als Dichter auf der schwarzen Liste der Nationalsozialisten. Die letzten Lebensjahre verbrachte Ernst Barlach, der heute als einer der bedeutendsten deutschen Bildhauer gilt, in künstlerischer Vereinsamung und starb 1938 in Rostock.