Guantanamo-Prozess
21. Juli 2008Der ehemalige Fahrer von Osama Bin Laden, Salim Hamdan, steht ab Montag (21.07.2008) im ersten US-Kriegsverbrecherprozess seit dem zweiten Weltkrieg vor Gericht. Parallel dazu werden von rund 200 Guantanamo-Häftlingen vor zivilen US-Gerichten die Haftgründe geprüft. Ein Grundsatz-Urteil des obersten US-Gerichtshofes im Juni hatte gegen den Widerstand der Bush-Administration den Weg dazu geebnet.
Einfacher Fahrer oder ranghoher Komplize
Dem 37-jährigen Jemeniten Salim Hamdan wird Verschwörung und Unterstützung des Terrorismus vorgeworfen. Die Ankläger sehen ihn als wichtigen Handlanger Bin Ladens, dem er nach den Terroranschlägen vom 11.09.2001 geholfen haben soll, sich dem Zugriff der US-Behörden zu entziehen. Im Fall einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft oder die Todesstrafe.
Hamdans Verteidigung sieht ihn dagegen lediglich als einfachen Beschäftigten Bin Ladens und will dies anhand von Zeugenaussagen ranghoher mutmaßlicher Al-Kaida-Mitglieder beweisen. Unter anderem soll Mithäftling Khalid Sheikh Mohammed, der als einer der Drahtzieher der Terroranschläge gilt, in den Zeugenstand gerufen werden.
Es wird erwartet, dass Hamdan, der 2002 als einer der ersten Gefangenen nach Guantanamo kam, den US-Behörden erneut über Misshandlung in der Gefangenschaft klagen wird. Vergangene Woche sagte er in einer Voranhörung aus, er sei schmerzhaft gefesselt, geknebelt und sexuell belästigt worden.
Guantanamo auf dem Prüfstand
Obwohl sein Versuch scheiterte, den Prozessbeginn terminlich hinauszuzögern, hat Hamdan die Möglichkeit, nach dem Urteil des Militärtribunals vor einem Zivilgericht Einspruch einzulegen. Schon im Jahre 2006 erlangte Hamdan einen juristischen Erfolg, als das Oberste Gericht auf seinen Antrag das System der Militärkommissionen für verfassungswidrig erklärte und somit eine entsprechende Gesetzesänderung erzwang.
Trotz der Gesetzesänderung und dem Urteil, das Guantanamo-Häftlingen den Einspruch vor zivilen Gerichten erlaubt, halten Kritiker die Militärkommission weiterhin für nicht rechtens, weil sie die Rechte der Angeklagten stark einschränkt.
Angeklagt im "Camp Justice"
Nach Hamdan soll in den kommenden Monaten auch anderen Insassen des US-Gefangenenlagers im eigens errichteten Justizkomplex "Camp Justice" der Prozess gemacht werden. Auch Journalisten werden zu den Verfahren zugelassen. Da die Angeklagten in einem Glaskasten aus Sicherheitsglas sitzen, kann der Richter jedoch die Audioübertragung unterbrechen, falls die nationale Sicherheit gefährdet würde. Das Urteil im Fall Hamdan wird schon in wenigen Wochen erwartet. (tge)