Vucic: "Wir haben uns solidarisch gezeigt"
19. Januar 2017DW: Tausende von Flüchtlingen befinden sich zurzeit in Serbien. Ihr Land wurde von mehreren EU-Mitgliedern für seinen Umgang mit der Flüchtlingskrise kritisiert.
Aleksandar Vucic: Serbien wird von EU-Staaten in diesem Bereich kritisiert? Davon habe ich noch nichts gehört - und wenn ich es gehört hätte, hätte ich sofort reagiert, denn unser Land hat mehr Migranten aufgenommen als über 60 Prozent der EU-Länder. Wir kümmern uns um die Migranten in unserem Land - aber es ist schwierig, sich um jemanden zu kümmern, der nach einem Menschenschmuggler sucht, um in die EU zu gelangen. Diese Menschen wollen nicht in unsere Flüchtlingsunterkünfte, das ist das Hauptproblem.
Wir lösen all die anderen Probleme täglich und ich finde, wir haben uns solidarisch gezeigt mit den Migranten. Wir haben das von Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeschlagene Quotensystem für die Verteilung der Flüchtlinge befürwortet, anders als viele EU-Mitgliedsstaaten.
Zurzeit befinden sich 10.000 Migranten in Serbien. Wie viele sind denn in Slowenien? Wie viele in Kroatien? Wie viele in diversen anderen EU-Staaten? Gar keine! Das bedeutet, es gibt zumindest etwas, was wir besser machen als die EU-Länder.
Erwarten Sie mehr Unterstützung für Serbien in der Flüchtlingskrise?
Viele EU-Länder schreien immer nach noch mehr. Wir haben schon etwas von der EU bekommen und wurden gerade von Deutschland gefragt, ob wir mehr Hilfe brauchen. Bislang konnten wir mit allem zurechtkommen. Mal sehen, was die Zukunft aber noch bringt. Wenn nötig, werden wir mehr Unterstützung fordern.
In welche Richtung entwickelt sich die EU Ihrer Meinung nach?
Europa braucht mehr Einigkeit, wenn die Mitgliedsländer wollen, dass die Union überlebt. Die EU sieht viel schwächer aus als früher, aber ich glaube immer noch, dass sie der beste Ort auf der Welt ist, zu dem man gehören kann. Trotz der Turbulenzen, die sie durchmacht. Serbien strebt weiterhin eine EU-Mitgliedschaft an. Wir teilen dieselben Werte.
Aleksandar Vucic ist seit April 2014 der Ministerpräsident Serbiens. Das Balkan-Land hat seit dem 1. März 2012 den offiziellen Status eines EU-Beitrittskandidaten.