1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Wolfsburg-Bloßsteller aus West Virginia

Spencer Kimball / wd25. September 2015

Der Leiter des Forschungsteams, das den Volkswagen-Abgasbetrug aufdeckte, sagt der DW, wie sich die tatsächlichen Emissionen von den Laborergebnissen unterschieden und warum die Ergebnisse die Forscher überraschten.

https://p.dw.com/p/1GdXq
Volkswagen VW Logo Foto: Peter Steffen/dpa
Bild: picture-alliance/dpa/P. Steffen

Daniel Carder und sein Team an der Universität von West Virgina hatten keine Ahnung, dass ihre Daten letztlich dazu führen würden: zum Rücktritt des Vorsitzenden eines der größten Autobauer der Welt. 2014 beauftragte der Internationale Rat für sauberen Verkehr, eine Non-Profit-Organisation, das Team von Carder, die Stickoxidabgase von leichten Dieselfahrzeugen in den USA zu überprüfen.

Stickoxide tragen zur Ozonbildung am Boden bei und sind seit den 1970er-Jahren streng reglementiert. Die Grenzwerte von Stickoxiden sind in den USA strenger gefasst als in Europa.

Die Forscher wählten drei Fahrzeuge aus, einen BMW X5, einen VW Passat und einen VW Jetta. Getestet wurden sie auf der Straße während der Fahrt. "Leichtdieselfahrzeuge wurden in den USA bis dahin nicht während des normalen Betriebs getestet", so Carder, der Interimsdirektor am Zentrum für alternative Treibstoffe, Motoren und Emissionen (CAFEE) gegenüber der DW. "Es war die erste Untersuchung dieser Art", sagt Carder, "nicht weil die Bedingungen neu gewesen wären. Es hatte nur zuvor niemand einen solchen Test auf dem US-Markt durchgeführt.“

Kontrollsysteme nicht aktiv

Während früherer Tests mit schweren Dieselfahrzeugen hatte das Team aus West Virgina herausgefunden, dass alle Systeme, die Stickoxide und Feinstaubaustoß kontrollieren, einwandfrei funktionierten. Dasselbe erwarteten sie bei den Leichtdieselfahrzeugen. Während die Ergebnisse beim BMWX5 erwartungsgemäß waren, zeigten der VW Passat und der Jetta Unregelmäßigkeiten. "Die Emissionen, die wir in der realen Welt auf der Straße messen konnten, waren deutlich höher als im Testlabor der kalifornischen Prüfbehörde, sagt Carder. "Die Emissionswerte waren dort auffällig niedriger als im laufenden Betrieb draußen."

Das Team war nicht in der Lage, zu bestimmen, ob die Unregelmäßigkeiten auf eine Manipulation oder einen technischen Defekt zurückzuführen waren. Aber die Diagnosegeräte an Bord der Autos zeigten keinen Fehler an, und damit war klar, dass die Emissionskontrollsysteme nicht aktiv waren, wenn sie benötigt wurden. "Wenn man auf die Daten sah, konnte man schnell sagen, dass die Kontrollsysteme immer dann nicht aktiv waren, wenn sie hätten aktiv sein müssen, um die Emissionswerte gleichwertig zu denen während der Zertifizierungen zu erhalten, sagt Carder.

Dan Carder von der West Virginia University (Foto: West Virginia University)
Dan Carder: Eklatanter Gegensatz zwischen Laborbedingungen und realem BetriebBild: West Virginia University

Wir machen nur unseren Job

Aufgrund der Ergebnisse des Forscherteams aus West Virgina kam die US-Umweltschutzagentur (EPA) zu dem Ergebnis, dass Volkswagen Software installiert haben musste, die Emissionstests manipulierte. Das Unternehmen sieht sich jetzt mit Strafen von bis zu 18 Milliarden Dollar konfrontiert. Martin Winterkorn als Vorstandsvorsitzender trat zurück. Volkswagen gab zu, dass ähnliche Software auch in weiteren elf Millionen Fahrzeugen weltweit eingebaut wurde. Untersuchungen dazu starteten jetzt auch in Europa.

"Wir machen unseren Job, erbringen unsere Leistungen und machen weiter, meint Carder. "Wir hatten keine Vorstellung vom Ausmaß dessen, was da herauskam". Warum erwischte ausgerechnet das Team in West Virgina Volkswagen und niemand anderen? Die transportablen Emissionsmessgeräte des Untersuchungsteams sind umfangreich und bestehen aus vielen Bestandteilen. Es braucht allein zwei Männer, die acht Stunden lang alles im Auto installieren. "Das wirft natürlich auch kein gutes Licht auf die Tests bei Inspektionen oder Wartungen in einer Werkstatt", meint Carder.

Was die EPA angeht, denkt Carder, hatte die Bundesbehörde die Angelegenheit nicht so im Blick. "Das ist eine Frage der Ressourcen", sagt Carder. "Es ist kostspielig und zeitraubend. Niemand fragte danach. Meine Annahme ist, dass da niemand so richtig durchblickte."