Milliarden für Elektro-VWs
16. November 2017Auf dem rasant wachsenden Markt für E-Autos in China will VW bis 2025 rund 40 neue Modelle platzieren. Zusammen mit chinesischen Partnern plant der deutsche Konzern dafür in diesen sieben Jahren Investitionen von zehn Milliarden Euro in den Bereich. Das kündigte Volkswagen China-Chef Jochem Heizmann am Donnerstag anlässlich der Automesse im südchinesischen Guangzhou an.
Das Geld fließt in die Arbeit an reinen Elektroautos wie auch in sogenannte Hybridmodelle. Der Markt für Elektroautos entwickele sich in der Volksrepublik "schneller als in anderen Teilen der Welt", sagte Heizmann, der auf dem wichtigstem Markt des Autobauers bis 2020 rund 400.000 E-Autos jährlich verkaufen will. Bis 2025 soll der Absatz auf 1,5 Millionen steigen.
Als "richtige Lösung" bezeichnete der VW-Vorstand den im September von der chinesischen Regierung verkündeten Kompromiss in der geplanten Produktionsquote für E-Autos. Anders als von den deutschen Herstellern befürchtet, sollen die neuen Regeln demnach nicht schon im kommenden Jahr gelten, sondern erst ab dem Jahr 2019. Nach einem Punktesystem müssen dann zehn Prozent der in China hergestellten oder importieren Fahrzeuge über einen Hybridantrieb oder einen reinen Elektromotor verfügen.
Pekings Vorgaben als Herausforderung
Die "Schlüsselherausforderung" für den VW-Chef in China liegt jedoch nicht in der E-Quote. Die liege vielmehr in den Vorgaben der chinesischen Regierung zum Sprit-Verbrauch, so Heinzmann. Danach dürfe die gesamte Fahrzeugflotte eines Herstellers künftig im Durchschnitt nicht mehr als fünf Liter auf 100 Kilometern verbrauchen. "Das ist eine schwierige Vorgabe."
Das von Volkswagen mit dem chinesischen Hersteller Anhui Jianghuai Automobile (JAC) geplante Gemeinschaftsunternehmen für Elektroautos sei "auf einem guten Weg". Ein erstes gemeinsames Auto sei für die erste Jahreshälfte 2018 geplant.
Dank staatlicher Subventionen beim Kauf eines E-Autos ist das Reich der Mitte zum größten Markt für Elektrofahrzeuge aufgestiegen. Mehr als eine halbe Million Autos mit alternativen Antrieben waren Ende 2016 bereits auf chinesischen Straßen unterwegs. Größter Wachstumstreiber sind aber auch für VW weiterhin die in China beliebten kompakten Geländewagen (SUV), von denen VW und seine Partner in den nächsten zwei Jahren zehn neue Modelle auf den Markt bringen wollen.
In Europa will Volkswagen wird den Bau von Elektroautos wahrscheinlich in Sachsen bündeln und damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters von Insidern erfuhr, soll der Aufsichtsrat an diesem Freitag Investitionen in das VW-Werk in Zwickau genehmigen, damit dort ab 2019 batteriebetriebene Fahrzeuge mehrerer Konzernmarken der Wolfsburger vom Band rollen können.
Investitionsplanung
"Es geht in diese Richtung", sagte eine mit den Beratungen vertraute Person. Der VW-Aufsichtsrat legt regelmäßig im Herbst die Ausgaben für die kommenden Jahre fest. Details sollen an diesem Freitag bekannt gegeben werden. Es dürfte um hohe zweistellige Milliardenbeträge gehen. Vor dem Abgas-Skandal waren es auch schon mal über 100 Milliarden Euro. Die gewaltigen Geldströme flossen in neue Autos und Zukunftstechnologien, es ging auch in der Vergangenheit bereits um E-Autos und digitale Helfer im Innenraum. Nur: Die Abgas-Affäre von VW und die Krise des Dieselmotors generell machen Investitionen zu einem echten Kraftakt. Und das gilt für alle Autobauer, nicht nur für Volkswagen.
Die mehr als 25 Milliarden Euro, die die Beilegung des Skandals die Wolfsburger allein in den USA kostete, zwingen den Konzern zwar nicht unbedingt zu einschneidender Kostendiät - aber doch zur Vorsicht. Zum Auftakt der diesjährigen Automesse IAA kündigte VW-Chef Matthias Müller an, dass Volkswagen die Investitionen in die Elektromobilität bis 2030 auf 20 Milliarden Euro hochfahren wolle. Bis 2025 sollen die Konzernmarken 50 rein batteriebetriebene Fahrzeuge und 30 Plug-in-Hybride auf den Markt bringen.
Der 35-Milliarden-Skandal
Tatsächlich geht es nicht nur um die Verteilung des Geldes, sondern auch der Kapazitäten. In Tschechien hatten Medienberichte für Unruhe gesorgt, wonach Volkswagen einen Teil der Skoda-Produktion in Fabriken außerhalb des Landes verlegen könnte. Auch das deutsche Bundesland Niedersachsen, wo ein Fünftel der über 600 000 Beschäftigten des Konzerns arbeitet, dürfte harte Einschnitte vermeiden wollen. Das gilt für das Motorenwerk in Salzgitter, das mit der E-Mobilität Arbeit verlieren dürfte, aber zugleich eine Pilotlinie zur Fertigung von Batteriezellen erhält. Das betrifft aber auch das Werk in Osnabrück, wo es Sorgen wegen der Auftragslage gibt.
Auch ist das Diesel-Drama noch nicht überwunden. Auto-Experten wie Frank Schwope von der Norddeutschen Landesbank rechnen bereits mit Gesamtkosten von bis zu 35 Milliarden Euro für die Folgen des Abgasbetrug. Geld, das anderswo fehlen würde.
ar/hb (dpa, rtr, ap)