Wütende Bauern steuern Berlin an
25. November 2019Aus zahlreichen Orten in ganz Deutschland haben sich Bauern mit ihren Traktoren auf den Weg in die Bundeshauptstadt gemacht, um gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung zu demonstrieren. In Nordrhein-Westfalen steuerten die Landwirte mehrere Großstädte an. Aus anderen Bundesländern waren die Traktor-Konvois teils schon am Sonntag aufgebrochen.
Zur Großkundgebung in Berlin werden am Dienstag 10.000 Teilnehmer mit 5000 Treckern erwartet. Am Brandenburger Tor will sich Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) den Demonstranten stellen. Zu der Aktion hatte die Initiative "Land schafft Verbindung" aufgerufen.
Schon seit Wochen formieren sich bundesweit Proteste gegen die Agrarpolitik in Berlin und gegen immer mehr Forderungen und Ansprüche, die viele Bauern als "negative Stimmungsmache" gegen ihren Berufsstand wahrnehmen. So gab es Mitte November bereits Proteste bei der Umweltministerkonferenz in Hamburg - und im Oktober versammelten sich Bauern in mehreren Städten, allein 6000 in Bonn.
Insekten-,Verbraucher-, Grundwasserschutz: Vorgaben sorgen für Ärger
Akuten Ärger haben Pläne ausgelöst, die das Kabinett Anfang September auf den Weg gebracht hat. Das Agrarpaket der Bundesregierung sieht unter anderem vor, dass um Schutz von Insekten der Einsatz von Unkraut- und Schädlingsbekämpfungsmitteln stark eingeschränkt werden werden soll. Der Deutsche Bauernverband forderte im Vorfeld der Kundgebung eine "grundlegende Überarbeitung des Aktionsprogramms Insektenschutz" sowie "Unterstützung und eine Zukunftsperspektive ohne Überregulierung und Verbotspolitik".
Für Verbraucher soll laut den Plänen der Bundesregierung zudem ein neues Logo eingeführt werden, das kennzeichnet, aus welcher Art von Tierhaltung das Schweinefleisch stammt. Die Neuerung setzt allerdings eine freiwillige Kooperation der Landwirte voraus. Des weiteren soll mehr Geld aus wichtigen EU-Agrarzahlungen an die Höfe für Umweltmaßnahmen reserviert werden. "Das Agrarpaket gefährdet landwirtschaftliche Betriebe", warnt die Initiative "Land schafft Verbindung".
Auch neue Düngeregeln sorgen bei den Landwirten für Unmut. Zum Schutz des Grundwassers sollen sie das Düngen unter anderem mit Gülle weiter einschränken. Brüssel hatte Deutschland wegen zu hoher Nitratwerte verklagt und 2018 beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Recht bekommen.
Nun sollen erst 2017 geänderte Vorgaben wieder verschärft werden, sonst drohen Deutschland Strafzahlungen von bis zu 850.000 Euro pro Tag an die EU-Kommission. Landwirte warnen allerdings vor einer "Unterdüngung" von Pflanzen als Folge strengerer Düngeregeln.
Bundesregierung sucht den Dialog
Am Samstag hatte Landwirtschaftsministerin Klöckner beim CDU-Parteitag in Leipzig für das kommende Jahr bundesweit Dialog-Veranstaltungen auch mit Umweltschützern und Verbrauchern angekündigt. Ziel sei es, Gesellschaft und Landwirtschaft "wieder zusammenzubringen".
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will das Gespräch suchen und Verbände zu einer Art "Agrargipfel" einladen. Erwartet wird, dass er am 2. Dezember stattfindet.
hk/uh (dpa, afp)