Waffenruhe als Belohnung für Scharia-Einführung
24. Februar 2009Die mit den Taliban verbündeten Islamisten im Swat-Tal im pakistanischen Grenzgebiet zu Afghanistan haben einen einseitigen und zeitlich unbegrenzten Waffenstillstand verkündet. Die Entscheidung sei am Dienstagmorgen (24.02.2009) vom Führungsrat der Aufständischen unter Leitung des radikalen Predigers Maulana Fazlullah getroffen worden, teilte Taliban-Sprecher Muslim Khan mit. "Die Kämpfer wurden angewiesen, keine Angriffe mehr auf Sicherheitskräfte oder Einrichtungen der Regierung zu verüben", so Khan. Die pakistanischen Behörden äußerten sich bislang nicht.
Besorgnis auch bei Pakistanern
Die Entscheidung ist eine Reaktion auf die von den Behörden angekündigte Einführung der islamischen Rechtssprechung Scharia im Swat-Tal. Darauf hatten sich die Regierung der betroffenen Provinz Malakand und die Islamisten vor einer Woche vertraglich geeinigt. Danach soll die Scharia die weltliche Rechtssprechung in dem nur rund 150 Kilometer von der Hauptstadt Islamabad entfernten Gebiet ersetzen.
Bei der NATO, bei westlichen Regierungen, aber auch bei vielen Pakistanern löst die Entwicklung Besorgnis aus. Sie fürchten, dass im Nordwesten Pakistans ein weiteres Rückzugsgebiet für El-Kaida- und Taliban-Kämpfer entsteht, wo diese sich frei bewegen und neue Anschläge in Afghanistan vorbereiten könnten. Der US-Sondergesandte Richard Holbrooke hatte das Abkommen gar als Kapitulation vor den Islamisten gebrandmarkt.
Bisher 1200 Tote bei Kämpfen
Tatsache ist allerdings, dass die pakistanische Staatsmacht seit spätestens Ende 2007 die Herrschaft über das Swat-Tal - einst ein idyllisches Feriengebiet - verloren hat. Seitdem nämlich kämpfen die Islamisten unter Falullahs Führung mit Waffengewalt für die Wiedereinführung der Scharia. Bei den Auseinandersetzungen wurden bislang etwa 1200 Menschen getötet und bis zu 500.000 vertrieben. Zudem zerstörten die Extremisten rund 200 Schulen für Mädchen.
Die Kritiker des Ausgleichs von Staat und Islamisten bezweifeln denn auch, dass letztere die Kontrolle über das Swat-Tal jemals wieder an die Regierung abgeben werden. Im vergangenen Jahr war eine ähnliche Vereinbarung zwischen beiden Seiten nach nur wenigen Monaten gescheitert. (sti)