Wahl trotz Terrorbedrohung
1. April 2014Zwei Monate lang hatten die Präsidentschaftskandidaten Zeit, sich um die Gunst der Wähler zu bemühen. Neben dem üblichen Aufgebot an Wahlplakaten gab es dieses Mal besonders große Wahlkampfkundgebungen und - ein Novum - Fernsehdebatten. Von den ursprünglich elf von der Wahlkommission zugelassenen Kandidaten sind noch acht im Rennen für die Präsidentschaftswahl am 5. April: an der Spitze der Karsai-Vertraute Salmai Rassul, der Finanzfachmann Ashraf Ghani und Abdullah Abdullah, schärfster Rivale Karsais bei den Wahlen des Jahres 2009.
Die Taliban haben, wie angekündigt, ihren Terror in den vergangenen Tagen und Wochen verstärkt, unter anderem durch die Ermordung von Gästen eines Luxushotels in Kabul und den Angriff auf die Zentrale der Wahlkommission. Landesweit sind in Afghanistan allein am Montag (31.03.2014) 18 Menschen durch Selbstmordattentate und Bombenanschläge ums Leben gekommen.
Permanente Bedrohung durch die Taliban
“Man kann sicherlich davon ausgehen, dass die Angriffe auch in den nächsten Tagen noch weiter zunehmen werden, und das bis zum Wahltermin und auch danach”, sagte Philipp Münch von der Stiftung Wissenschaft und Politik der Deutschen Welle. "Auf jeden Fall haben die Anschläge auf das Serena-Hotel und die Wahlkommission gezeigt, dass die Taliban auch in der Lage sind, schwierige Ziele anzugreifen." Für die rund 350.000 afghanischen Polizisten und Soldaten heißt das: permanenter Alarmzustand. Eine Mammutaufgabe für die noch jungen Sicherheitskräfte.
Die Sorgen um die Sicherheit hätten die Bevölkerung jedoch keineswegs entmutigt, beobachtet Adrienne Woltersdorf, Leiterin des Büros der Friedrich- Ebert-Stiftung in Kabul. “Vor allem in Kabul, wo schon mehrere Anschläge stattgefunden haben, sind die Menschen sehr bedrückt, gleichzeitig ist man stark entschlossen, sich die Wahlen nicht verderben zu lassen”, sagte Woltersdorf.
Von den landesweit mehr als 7170 Wahlzentren mit über 20.000 Wahllokalen bleiben nach Angaben der Wahlkommission rund 750 aus Sicherheitsgründen geschlossen, die meisten im Süden des Landes.
Transparentere Wahl als 2009 erwartet
Die letzten Präsidentschaftswahlen 2009 waren von massiven Manipulationsvorwürfen überschattet. Viele Afghanen befürchten, dass dieses Jahr ebenfalls kein fairer Wahlprozess stattfindet, es gibt viele Manipulationsmöglichkeiten bei Wahlurnen und Wählerregistrierung. Eine Befürchtung, die Hamidullah Noor Ebad teilt. Der Direktor des National Policy Research Institute an der Universität Kabul geht jedoch davon aus, dass man aus den Erfahrungen des Jahres 2009 gelernt hat und dass es zu einer besseren Überwachung der Wahllokale kommen werde.
Dass die Stimmen der rund zwölf Millionen Afghanen, die wählen dürfen, korrekt ausgezählt werden, werde dennoch nicht erwartet - weder von der internationalen Gemeinschaft noch von den Afghanen, sagt Adrienne Woltersdorf. Wichtig sei, dass das Wahlergebnis ein so hohes Maß an Glaubwürdigkeit hat, dass es für die afghanische Gesellschaft akzeptabel sei. Ein hundertprozentiges Ergebnis sei angesichts der kurzen Zeit seit der Einführung des demokratischen Systems nicht zu erwarten.