Wahlen in Montenegro: Kaum Aussicht auf Veränderungen
2. April 2008Hotels, Hochhäuser und Appartements – in Budva, der montenegrinischen Tourismushochburg wird rund um die Uhr gebaut. Die Wirtschaft boomt, dank des Tourismus und stellt bereits jetzt 15.000 Arbeitplätze für Bauarbeiter, Kellner und Zimmermädchen aus den Nachbarländern bereit. In dem Balkan-Staat an der Adria, leben dennoch fast 40 Prozent der Bevölkerung an oder unter der Armutsgrenze, die Menschen in den Bergen haben mancherorts sogar nicht einmal Strom. Experten meinen, dass auch der am Sonntag neu gewählte Präsident wohl nichts daran ändern werde.
Bürgerrechtlerin Vanja Caclovic bringt das Problem auf den Punkt: "Die Lokalverwaltungen sind anfällig für Korruption." Und die Ökonomin Jadranka Rabrenovic traut noch nicht einmal der Wirtschaftsstatistik: "In Montenegro wird sehr viel Geld gewaschen. Die Geldwäscher steuern die Entwicklung Montenegros, insbesondere die Entwicklung des Tourismus."
Zu wenig Land für zu viele Tourismusprojekte
Die Strände der 270 Kilometer langen Küste Montenegros sind bereits jetzt so voll, dass die Gemeinde in Budva schon letzten Sommer wegen des angestiegenen Verbrauchs das Wasser rationieren musste. Trotz des Versorgungsengpasses hält der Tourismusminister Predrag Nenezic den Bau eines halben Dutzends weitere exklusiver Hotels und eines Großyachthafen für notwendig. Er behauptet, bis Ende 2010, würden die Versorgungsprobleme gelöst sein.
Montenegro erwartet in diesem Jahr 550 Million Euro Einnahmen und 1,25 Millionen Besucher. Es ist eines der fünf Länder der Welt mit dem höchstem Wachstum in der Tourismusbranche. Gespürt haben dies aber nur diejenigen der insgesamt 650.000 Montenegriner, die dem Familien- oder Vertrautenkreis der regierenden Politiker angehören, so Bürgerrechtlerin Vanja Calovic. Sie beklagt außerdem, dass die Hotel-Investoren nicht nachhaltig agieren. "Jeder Staat sollte die Mittel, die Kraft und den Willen haben, gierige Investoren davon abzuhalten, Profit um jeden Preis zu schlagen und Gesetze zu missachten."
Denn in Montenegro wird häufig ohne Genehmigung gebaut. Die Papiere besorgen sich die Bauherren in der Regel, nachdem die Arbeiten schon fortgeschritten sind. Die Politiker setzen schließlich selbst die Baupläne um und werden dabei nicht selten zu Miteigentümern.
Die Regierung unterstützt die Ausbeutung des Landes
Unabhängige Medien haben berechnet, dass der langjährige Regierungschef Milo Djukanovic, sein Brüder Aco und seine Verwandten ein Vermögen von mehr als einer halben Milliarde Euro besitzen. Das gleiche soll für die Großfamilie des früheren Parlamentspräsidenten Svetozar Marovic gelten. Der Journalist Slavoljub Scekic betont, dass gerade, weil Montenegro ein kleines Land sei, die Macht der wenigen Tourismusunternehmen und Politiker unverhältnismäßig groß ausfalle. "Das gefällt den Bürgern Montenegros nicht, passt aber den ausländischen Investoren."
Wirtschaftsminister Branimir Gvozdenovic versprach nun kurz vor der Präsidentschaftswahl vor allem mehr Geld für die Entwicklung des Hinterlandes. Geplant seien vier mittelgroße Wasserkraftwerke am Fluss Moraca. Das Investitionsvolumen im Energiesektor solle rund zwei Milliarden Euro betragen. Doch noch sind dies alles nur Versprechen, die auf ihre Umsetzung warten und zwar seit Jahren.