Waldsterben: Für deutsche Wälder gilt es - jetzt oder nie
Der Zustand der deutschen Wälder verschlechtert sich rapide. Die Erderwärmung und die schlechten Bewirtschaftung sind die Wurzeln des Problems. Eine landesweite Waldkonferenz will Lösungsvorschläge machen.
Die Wälder sterben
Das deutsche Waldsterben hängt vor allem mit trockeneren und heißeren Sommern und der Borkenkäferplage zusammen. Im Jahr 2020 starben hier mehr Bäume als jemals zuvor. Darunter auch viele Buchen, die erst in den vergangenen Jahren wegen ihrer Klimaresistenz in großem Stil gepflanzt wurden. Der nationale Waldgipfel "Waldsterben 2.0" sucht nach Lösungen.
Ist das Klima oder die Forstwirtschaft schuld?
Die Klimakrise und die Borkenkäferplage sind besorgniserregend. Die Waldkonferenz zielt allerdings darauf ab, die Wald-Bewirtschaftung zu überdenken und neu auszurichten. Zum Beispiel pflanzte man seit dem Zweiten Weltkrieg Fichten in Gebieten, in denen sie nicht heimisch sind. Die Fichte macht heute 25 Prozent der deutschen Wälder aus. Als Alpenbaum braucht sie aber feuchte und kalte Bedingungen.
Die Hälfte könnte vernichtet werden
"Es ist der künstliche Wald, der stirbt", sagte Förster und Autor Peter Wohlleben der DW. "In den nächsten zehn Jahren könnten über 50 Prozent des Waldes wegen schlechter Bewirtschaftung absterben," warnt der Autor. Fichtenwälder halten nur etwa fünf Prozent des Regenwassers zurück, weil der Boden bei der Holzernte verdichtet wird. Trockene Sommer verschlimmern die Lage weiter.
Lasst die Wälder in Ruhe
"Will man den Klimawandel bekämpfen, wäre es das Beste, die Wälder in Ruhe zu lassen", so Wohlleben. "Ökosysteme sind viel widerstandsfähiger, wenn man sie sich selbst überlässt", fügt der Autor des Bestsellers "Das geheime Leben der Bäume" und Gründer der Waldakademie Wohlleben hinzu. Er sagt, dass Monokulturwälder wieder von vielfältigen einheimischen Arten bevölkert werden müssten.
Wälder sind soziale Netzwerke
Bäume seien gemeinschaftsorientiert, sie lernten voneinander, besonders in Zeiten der Trockenheit, so Wohlleben. Wenn ein Baum erkennt, dass das Wasser zur Neige geht, gibt er die Information an andere Bäume weiter und sie reduzieren gemeinsam den Wasserverbrauch. "Je mehr wir dieses soziale Netzwerk stören, desto schwächer wird der Wald."
Artenvielfalt ist der Schlüssel
Zu den Leitlinien des Waldgipfels in dieser Woche sagt Judith Reise, Wissenschaftlerin am deutschen Öko-Institut: "Der Schutz der biologischen Vielfalt muss die Grundlage für alles sein, was wir tun." Vielfältige und resistente Waldökosysteme brauchten Zeit und würden erst nach 400 Jahren CO2-neutral sein. Deutschland verfehlt derzeit klar sein Ziel, Wälder wegen ihrer Artenvielfalt zu schützen.
Deutschland braucht mehr Urwald
Der älteste noch existierende ungestörte Waldbestand auf der deutschen Insel Vilm ist gerade mal rund 300 Jahre alt, erklärt Reise. "Wir haben in Deutschland keine Wildnis", sagt sie. Die Wälder werden zu stark für die Holzgewinnung genutzt. Wegen der kulturellen Prägung, dass Wälder auch der Erholung dienen, wird unschönes Totholz und Fallholz - obwohl essenziell für die Artenvielfalt - gerodet.
Kann Holz helfen, den Klimawandel zu bremsen?
Der Gipfel am 5. und 6. August wird sich auch damit befassen, wie eine nachhaltige Holzwirtschaft zur Bekämpfung des Klimawandels vorangetrieben werden kann. Konkret könnte Holz öfter klimaschädliche Baumaterialien wie Beton und Stahl ersetzen. "Das wäre eine sehr effektive Lösung", sagt Christopher Reyer, Wissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Teilnehmer der Konferenz.
Diese Bildergalerie wurde aus dem Englischen adaptiert von Tim Schauenberg.