Waren Muslim-Extremisten aus Kaschmir die Drahtzieher?
31. Oktober 2005
Die Terrorgruppe Islami Inqalabi Mahaz (Islamische Revolutionsfront) hatte sich am Sonntag (31.10.) zu der Anschlagsserie in Neu-Delhi bekannt, bei der kurz vor einem wichtigen Hindu-Fest mehr als 60 Menschen getötet und über 200 verletzt wurden. "Das ist eine sehr alte Organisation: Sie wurde 1996 gegründet und war in der jüngsten Zeit kaum aktiv. Sie hat Verbindungen zur Lashkar-e-Taiba", erklärte ein Polizeivertreter auf einer Pressekonferenz.
Die berüchtigte Terrorgruppe Lashkar- e-Toiba operiert angeblich aus Pakistan heraus und wird von Indien für den Anschlag auf das Parlament in Neu Delhi Ende 2001 verantwortlich gemacht, der fast zum Krieg mit Pakistan geführt hätte. Aus Polizeikreisen verlautete, derzeit werde untersucht, ob die Täter den Sprengstoff RDX einsetzten, den auch einige Gruppen in Kaschmir verwendeten.
Authentizität der Anrufe wird geprüft
Ein Sprecher von Islami Inqalabi Mahaz sagte in Telefonaten mit Medien in Kaschmir, es werde zu weiteren Anschlägen kommen, sollte Indien seine Soldaten nicht aus Kaschmir abziehen. Dies berichtete unter anderem der private Fernsehsender NDTV 24x7. Die Polizei sagte, sie prüfe die Authentizität der Erklärung.
Ein Anrufer bei einer Nachrichtenagentur in Kaschmir erklärte, mit den Anschlägen wolle man Aussagen der indischen Sicherheitskräfte widersprechen, nach denen Polizeiaktionen und das Erdbeben vom 8. Oktober die Kämpfer in Kaschmir handlungsunfähig gemacht hätten. Innenminister Shivraj Patil äußerte sich nicht zu dem Anruf. Er erklärte, die Behörden hätten bereits viele Informationen über die Anschläge gesammelt, könnten diese aber noch nicht veröffentlichen.
Friedensprozess stören
Bislang ist die Terrorgruppe Islami Inqalabi Mahaz allerdings eher unbekannt. Terrorismusexperten vermuten deshalb eine größere Gruppe hinter den offenbar abgestimmten Explosionen: Nur führende, in Pakistan ansässige Extremistengruppen wie die Lashkar-e-Taiba oder Jaish-e-Mohammed, hätten rein organisatorisch die Kapazität, solche Anschläge auszuführen, erklärten Sicherheitsexperten.
"Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Attentate den Friedensprozess zwischen Pakistan und Indien stören sollten", sagte der in Singapur ansässige Terrorismusexperte Rohan Gunaratna. "Ich bin sicher, dass diese Anschläge von Gruppen vom indischen Subkontinent ausgeführt wurden, obwohl die Vorgehensweise von Al-Kaida inspiriert war". Indien und Pakistan hatten nach dem schweren Erdbeben in Kaschmir beschlossen, ihre Grenze zu öffnen, um den Opfern dringend benötigte Hilfe zu kommen zu lassen. Dies wurde als Fortschritt im Friedensprozess gewertet. Den Separatisten aus Kaschmir ist diese Entwicklung ein Dorn im Auge. (arn)