Warnung vor "Überschwänglichkeit" im Irak
20. Juni 2006Der Regierung und den ausländischen Truppen im Irak gelingt es trotz verstärkter Razzien und Straßensperren nicht, der rohen Gewalt Einhalt zu gebieten. Bei Anschlägen und Gefechten starben am Dienstag (20.6.2006) mindestens 29 Menschen. Die Polizei entdeckte außerdem 13 Leichen, darunter auch die Körper von zwei US-Soldaten. Diese waren am vergangenen Freitag von Aufständischen verschleppt worden. Ihre Leichen wurden nach Angaben des irakischen Verteidigungsministeriums in Jussifija gefunden. Zur Todesursache machte das Ministerium keine Angaben.
In einem Altersheim in Basra riss ein Selbstmordattentäter am Dienstag zwei Frauen mit in den Tod und verletzte vier weitere Menschen. Nördlich von Bakuba tötete die US-Armee nach eigenen Angaben 15 mutmaßliche Terroristen. Irakische Augenzeugen erklärten dagegen, die Amerikaner hätten bei einem Luftangriff in dem Dorf 13 Angehörige einer Familie in ihrem Haus getötet.
In Bagdad explodierten zwei Bomben auf Märkten in dem Schiiten-Vorort Sadr-City und in der Innenstadt. In Sadr-City starben drei Menschen, 81 weitere wurden verletzt. Am Tajaran-Platz waren es vier Tote und 18 Verletzte.
Ein republikanischer US-Senator hat die US-Regierung am Dienstag vor übertriebener Zuversicht über die Entwicklung im Irak gewarnt. Optimismus sei nach dem Tod Al-Sarkawis verständlich, sagte der Republikaner John McCain. "Aber ich hoffe, dass es nicht in irrationale Überschwänglichkeit umschlägt, denn das wird noch sehr lang gehen und sehr hart werden", sagte McCain in einem Interview der "Financial Times".
Erneuter Zwischenfall bei US-Soldaten
In einem neuen Fall von gewaltsamen Übergriffen der US-Armee im Irak sind drei Soldaten wegen Mordes und versuchten Mordes an Irakern angeklagt worden. Den Soldaten wird vorgeworfen, am 9. Mai bei einem Einsatz in der Provinz Salaheddin drei Gefangene erschossen zu haben, wie die US-Armee im Irak am Montag (19.6.2006) in einer schriftlichen Erklärung mitteilte. Die Angeklagten wurden in Untersuchungshaft genommen.
Der Anklage waren Ermittlungen einer Untersuchungskommission der Streitkräfte vorangegangen. Zuvor hatten andere US-Soldaten Zweifel über die Umstände des Todes der Iraker geäußert. Der Anklageschrift zufolge drohten die Soldaten einem Kameraden, ihn zu töten, sollte er über den Vorfall an der Chemiefabrik reden. Nach Angaben eines Armeevertreters versuchten die Angeklagten den Vorfall zu vertuschen, indem sie angaben, die Gefangenen bei einem Fluchtversuch erschossen zu haben.
In den vergangenen Wochen hatten sich Berichte über gewaltsame Übergriffe durch US-Soldaten im Irak gehäuft. Die Armee ermittelt derzeit im Zusammenhang mit dem Tod von 24 irakischen Zivilisten in der westirakischen Stadt Haditha; Mitglieder der Marineinfanterie stehen unter dem Verdacht, dort im November 2005 willkürlich Zivilisten getötet zu haben. In einem anderen Fall geht es um den Tod eines Irakers in der Stadt Hamandijah im April 2006; er soll von einem US-Soldaten erschossen worden sein.
Japan beginnt Truppenrückzug
Der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi hat am Dienstag den Rückzug der japanischen Bodentruppen aus dem Irak angekündigt. Die Entscheidung sei in Absprache mit den Verbündeten getroffen worden, sagte er in Tokio. Ungeachtet des Truppenrückzugs werde Japan den Wiederaufbau Iraks weiter unterstützen, versprach Koizumi.
Japan hat seit Anfang 2004 etwa 600 Soldaten in der südirakischen Provinz Muthana stationiert. Die Mission beschränkte sich ausschließlich auf humanitäre auf Aufbauhilfe. Die Soldaten dort hätten ihre Aufgabe erfüllt, sagte Koizumi.
Koizumi gab die Entscheidung zum Truppenabzug bekannt, nachdem am Vortag das Büro des britischen Premierministers Tony Blair bestätigt hatte, das die ebenfalls in Muthana stationierten britischen und australischen Truppen die Verantwortung für die Sicherheit der Provinz an die Iraker abgeben werden. (kas)