Warten auf ein Visum
15. Juli 2009Mali gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Es hat keinen Zugang zum Meer und kaum eigene Bodenschätze. Die Baumwollwirtschaft leidet unter den niedrigen Preisen am Weltmarkt und mehr als 60 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Das Land zu verlassen ist für viele Malier der letzte Ausweg.
Der tägliche Überlebenskampf
Abodoulaye Doumbia ist 32 Jahre alt. Er lebt in einem kleinen Dorf im Osten von Mali, eine Tagesreise von der Hauptstadt Bamako entfernt. Eigentlich ist er Bauer. Aber die Ernte reicht für seine vierköpfige Familie kaum zum Überleben. Deshalb schuftet Doumbia in der Trockenzeit in der Hauptstadt. Mit Hilfe von Holzbahren hievt er Kiloweise Sand aus kleinen Booten ans Flussufer. Der Sand kommt vom Grund des Flusses und wird hier in Bamako ausgeladen und abtransportiert, um später als Baumaterial verwendet zu werden. Die Arbeitstage sind meist mehr als zwölf Stunden lang. Knapp drei Euro verdient Doumbia an einem Tag.
Für eine bessere Zukunft
Er will endlich ein besseres Leben führen, seinen Kindern eine ordentliche Schulausbildung und damit eine andere Zukunft ermöglichen. Deshalb möchte er so schnell wie möglich nach Europa: "Ich will nach Spanien. Dort würde ich viel mehr verdienen als hier. Dann könnte ich wirklich etwas tun für meine Familie. Es würde uns besser gehen", sagt Abodoulaye. So wie er denken viele junge Malier. Ihre Hoffnung ist das europäische Zentrum zur Steuerung von Migration, kurz CIGEM. Seit Herbst vergangenen Jahres versucht die Europäische Union hier in Afrika, die Einwanderung nach Europa zu kontrollieren. Und zu den Aufträgen des Zentrums gehört es auch, einigen Maliern die legale Ausreise nach Europa zu ermöglichen.
Im Oktober vergangenen Jahres wurde die Einrichtung vom malischen Außenminister und vom europäischen Kommissar für Entwicklungspolitik, Louis Michel, eröffnet. Er präsentierte das Zentrum als Pilotprojekt für weitere Zentren in Afrika. Ihre Mission: Den Arbeitsmarkt im Land stärken, legale Migration fördern und gegen illegale Auswanderung kämpfen.
Wirtschaftskrise stoppt Einwanderung
Aber die Förderung der legalen Auswanderung stockt.
Abodoulaye Doumbia soll eigentlich nach Spanien ausreisen – als Erntehelfer auf den Kanarischen Inseln. 30 junge Männer sind ausgewählt worden für drei Monate Arbeit auf dem Feld. Jetzt warten sie ungeduldig auf ihre Abreise. Aber die wird immer wieder verschoben. Seit neun Monaten wartet Doumbia auf den Aufbruch. Sein Pass liegt schon seit Wochen in der spanischen Botschaft. Bisher fehlt aber noch immer der Stempel fürs lang ersehnte Visum.
Im CIGEM können sie dem jungen Mann nichts Genaues sagen. Man warte auf das grüne Licht aus Spanien. Aber ob das jemals kommen wird, ist ungewiss. Klar ist dagegen: Die weltweite Wirtschaftskrise erschwert die Vermittlungsarbeit nach Europa. Die Jugendlichen bekommen zurzeit vor allem eines zu hören: Europa braucht keine Arbeitskräfte aus Afrika.
Das frustriert auch die Berater, die meist aus Mali selbst kommen: "Wir hatten gehofft, einige Malier auf Zeit als Arbeitskräfte nach Europa schicken zu können mit Hilfe von Abkommen mit europäischen Ländern. Aber leider kam es bisher wegen der Wirtschaftskrise zu keinen Abkommen. Das ist ein echtes Problem für uns."
Autorin: Ruth Reichstein
Redaktion: Christine Harjes