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Was die Zuwanderung mit Deutschland macht

19. Januar 2016

Deutschland ist im Flüchtlings-Stress. Im Jahr 2015 kamen mehr als eine Million Menschen, um hier Asyl zu beantragen. Was bedeutet das für die deutsche Gesellschaft und wie geht sie mit den neuen Herausforderungen um?

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Im vergangenen Jahr hat Deutschland so viele Flüchtlinge aufgenommen wie nie zuvor. Bei der Unterbringung und Registrierung der Menschen herrschen teilweise chaotische Zustände. Es gibt Demonstrationen rechter Gruppierungen gegen die Zuwanderer und eine Vervielfachung von Anschlägen auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte. Hitzige Mediendebatten und politischer Streit um den richtigen Umgang mit den neuen Herausforderungen zeigen, dass angesichts dieser Situation große Unsicherheiten und Ängste, aber auch Vorurteile und handfester Rassismus innerhalb der deutschen Gesellschaft hervorbrechen.

Zwischen Angst und Hilfe

Jede Nachricht, die Befürchtungen gegenüber den „Fremden“, inkompatiblen Mentalitäten oder wachsender Kriminalität durch Flüchtlinge zu bestätigen scheint, führt zu teilweise hysterischen Debatten und schnellen Pauschalisierungen. In der Folge werden härtere Strafgesetze, eine restriktivere Asylgesetzgebung und eine deutliche Erschwerung der Flucht nach Deutschland gefordert und bereits durchgeführt. Gleichzeitig aber engagieren sich viele Tausend Bundesbürger ehrenamtlich, um den Neuankömmlingen das Leben und die Integration zu erleichtern. Sie sammeln Spenden, helfen in Flüchtlingsunterkünften aus, geben Deutschunterricht oder begleiten die Asylbewerber bei Behörden- oder Arztgängen. Manche übernehmen Patenschaften oder öffnen ihr Heim für geflüchtete Männer oder ganze Familien.

Schaffen wir das wirklich?

Zwei Deutschlands scheinen aufeinanderzuprallen: das eine hilfsbereit, solidarisch und Angela Merkels Parole „Wir schaffen das!“ mit Leben füllend; das andere verängstigt, verunsichert und mancherorts zornig bis gewalttätig. Während die einen die ankommenden Flüchtlinge manchmal pauschal durch eine rosa Brille sehen, überwiegt bei den anderen die Furcht vor den anstehenden Veränderungen und Herausforderungen für die deutsche Gesellschaft. Eine diffuse Angst vor „dem Islam“, vor mutmaßlich frauenverachtenden arabischen Männern und vor Kriminalität mischt sich mit sozialen Abstiegsängsten, der Angst vor einer verschärften Konkurrenz um Arbeitsplätze und vor jedweder Veränderung des Bekannten und Althergebrachten.

Abschottung oder Öffnung?

Veränderungen kommen auf Deutschland zu, das steht außer Frage. Denn jede Gesellschaft wandelt sich ununterbrochen. Das Deutschland der dreißiger Jahre ist ein ganz anderes als das der Fünfziger, das der Siebziger ein vollkommen anderes als das Deutschland von 2016. Will ein Land sich nicht vollkommen abschotten – was in einer globalisierten Welt kaum möglich ist – muss seine Gesellschaft lernen, Veränderungen zu akzeptieren, zu gestalten, und sich besinnen, welche Werte man für unabdingbar hält (Menschenrechte, Demokratie, Respekt, Toleranz, die Gleichheit aller Bürger unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe oder Religion etc.) und welche kulturellen Impulse man anzunehmen bereit ist. Das setzt die Fähigkeit zur Besinnung auf die Stärken einer Gesellschaft voraus, aber auch Selbstkritik und die Bereitschaft auf bislang fremde Menschen mit ihren anderen Traditionen und Mentalitäten zuzugehen und ihre Haltung und Geschichte kennen zu lernen, bevor man ihnen pauschal und vorschnell misstrauisch oder ablehnend begegnet.

Vorurteile überwinden

Menschen haben sich von anderen Kontinenten auf den Weg nach Deutschland gemacht, aus Asien, der Arabischen Welt und Afrika. Manch einer darunter wird auch Gesetze brechen und dementsprechend auf rechtstaatlicher Grundlage bestraft werden müssen. Die überwiegende Mehrheit aber flieht aus Not und kommt in der Hoffnung auf ein besseres Leben für sich und ihre Familien. Und wenn wir bereit sind, ihre Geschichten zu hören und sie besser kennen zu lernen, dann bauen vielleicht auch wir einige Vorurteile und Ängste ab. Und lernen, dass eine offene, tolerante und demokratische Gesellschaft durch Zuwanderung und neue kulturelle Impulse vieles gewinnen kann.