Kampf der Trockenheit
22. März 2008Wasser wird aus drei Gründen knapp: Hauptursache ist die wachsende Weltbevölkerung. Zweitens steigert der Wassermangel die ungleiche Verteilung und Nutzung durch den Menschen selbst. Und drittens beschleunigt der Klimawandel die Probleme, weil trockene Gebiete noch trockener werden.
Wenn man den Wassermangel eindämmen oder gar beseitigen will, muss man zwei Probleme anpacken, die Prof. Ulrich Rott, Direktor des Institutes für Siedlungswasserbau und Gütewirtschaft der Universität Stuttgart so skizziert: "Wir haben auf diesem Gebiet zwei gegenläufige Probleme: Einmal die ländlichen Regionen, die dünn besiedelt sind und deshalb schwer zu versorgen sind. Da kann man mit Leitungsnetzen kaum eine Wasserversorgung zu wirtschaftlichen Bedingungen organisieren."
Vorbild Deutschland?
Auch in Deutschland war der Anschluss von weit abgelegenen Einödhöfen an die Wasserversorgung extrem teuer. Aber der Mangel an sauberem Trinkwasser führt weltweit auch zur Landflucht in die rasch wachsenden Armenviertel der Großstädte. Dort liegt das zweite Problem. Denn die schnell wachsenden Megacities können aus den umliegenden Regionen selbst nicht mehr versorgt werden. Das Wasser muss von auswärts heran transportiert werden. "Da müssen riesige Transportkapazitäten errichtet und betrieben werden. Und was dann noch wichtiger ist, das Wasser muss auch wieder aus den Megacities heraus gebracht werden als Abwasser", sagt Rott. Und dieses Abwasser muss natürlich gereinigt werden, bevor es irgendwo eingeleitet werden kann. "Das sind Herausforderungen, die also für knapp drei Milliarden Personen der Weltbevölkerung bis heute nicht annähernd gelöst sind."
Vor etwa 30 bis 40 Jahren leiteten auch in Deutschland viele Großstädte noch ihre Abwässer ungeklärt in die Flüsse. Daher weiß man genau welche Rahmenbedingungen nötig sind, damit deutsche Entwicklungshilfe, die jährlich rund 350 Millionen für Maßnahmen zur Wasserversorgung aufwendet, erfolgreich sein kann. Technik allein genügt da nicht: "Es gibt Religionen auf der Welt, die das Wasser als Gabe Gottes betrachten, die jedem Menschen kostenlos zur Verfügung stehen muss."
Weiterbildung statt Brunnen buddeln
In diesen Kulturen werde noch nicht vollständig verstanden, dass das Wasser zwar eine kostenlose Gabe ist, die technische Infrastruktur jedoch nicht Gott gegeben ist - und gebaut und bezahlt werden muss. Diese Einrichtung von Infrastrukturen der Wasserversorgung und deren Betrieb setzt natürlich entsprechende Unternehmen voraus. "Das ist in Deutschland perfekt vorhanden seit über 100 Jahren, aber in vielen Ländern der Welt ist so was überhaupt noch nicht vorhanden", so Rott.
Manches, was sich in Deutschland bewährte, kann auch anderswo helfen. So stärkte die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, GTZ, in Bolivien die Wasserwerke durch Zusammenschlüsse in Zweckverbänden. In Jordanien senkte Beratung den Betriebsverlust der Wasserversorger um 40 Prozent, und in Sambia wurden Gesetze und eine Aufsichtsbehörde geschaffen, die die Wasserversorgung vor allem der Armen durch privat betriebene Wasserkioske verbessert.
Wer Wasser will, braucht Strom
Eine wichtige Hilfe für Entwicklungsländer ist die Ausbildung ihrer Fachleute in Deutschland, etwa in den Wasser- und Abwasserstudiengängen der Universität Stuttgart. So können sie etwa beim Zweckverband Landeswasserversorgung erfahren, dass für eine sichere Wasserversorgung auch einer sicheren Energieversorgung bedarf, wie der technische Geschäftsführer Dr. Frieder Haakh erklärt: "Wenn der Strom weg ist, stehen die Pumpen, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Behälter dann auch leer laufen." Das Problem könne dadurch abgemildert werden, dass die Verbundstrukturen weiter ausgebaut werden. Bricht also in Teilbereichen eines Landes die Stromversorgung zusammen, muss aus anderen Landesteilen Wasser beigeleitet werden. "Wenn wir einen überregionalen Stromausfall haben, dann gehen natürlich überall die Lichter aus, aber das ist dann aber schon mit einem Katastrophenszenario zu vergleichen."
Finger weg von Großprojekten
Natürlich muss die Entwicklungshilfe auch aus den Fehlern der Industriestaaten lernen. Bewässerungsprojekte, die zum Austrocknen des Aralsees führten, oder zum Absacken des Grundwasserspiegels in Indien, oder der chinesische Drei-Schluchten-Damm mit seinen ökologischen und sozialen Folgen, zeigen, dass Technik allein nicht genügt. Dr. Dieter Gerten, der am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung die Erde als System untersucht, rät zur Behutsamkeit: "Talsperren, Flussumleitungen - da sollte man sehr vorsichtig mit sein, diese Projekte noch weiter auszudehnen."
Man könne die bestehenden Anlagen nutzen, um die Effizienz zu steigern. "Softere Maßnahmen" seien jedoch sinnvoller. So bestehe in der nicht bewässerten Landwirtschaft ein ziemlich großes Potential durch geschickte Bearbeitungsmaßnahmen im Feld. "Der Wasserverbrauch der Pflanzen kann optimiert werden. Es geht darum, mit dem wenigen Wasser, das dort ist, möglichst viel Biomasseproduktion heraus zu holen."