Was wichtige Arbeit uns wirklich wert ist
Zu Zeiten der Weltfinanzkrise galten Banken als systemrelevant. Während der Coronakrise geht es wieder um Systemrelevanz. Aber dieses Mal stehen ganz andere im Blickpunkt: Krankenpfleger, Lkw-Fahrer, ErzieherInnen.
Die wirklich wichtigen Wichtigen
Für solche Herren und (wenige) Damen sowie ihre Arbeitgeber wurde 2008 der Begriff der "Systemrelevanz" geprägt: Banker hatten die Finanzkrise ausgelöst. Da aber ohne Banken unser schönes Wirtschaftssystem so gar nicht funktioniert, wurden die Banker (und selbst die geldgierigen Ganoven unter ihnen) unter Artenschutz gestellt. Sie und ihre Institute waren eben systemrelevant.
Verantwortlich sein - verantwortlich handeln
Die Banker hatten den Schlamassel angerichtet, die Anderen durften ihn ausbaden: etwa Kassiererinnen und Krankenschwestern, Laboranten und Busfahrer. In der jetzigen Krise sind aber gerade diese Vielen systemrelevant. Zu Recht, denn ohne sie liefe jetzt wirklich nichts mehr - weltweit. Dabei sind diese Personen, anders als die Banker vor zwölf Jahren, für die Krise NICHT verantwortlich.
Wenig Geld für wichtige Arbeit
Diese "kleinen Leute" setzen sich täglich der nicht zu unterschätzenden Gefahr aus, infiziert zu werden, in dem sie weiterhin ihre Arbeit erledigen. Sie müssen arbeiten, denn "von Nichts kommt nichts", und die Miete wird garantiert fällig. Der Durchschnittslohn für einen Krankenpfleger oder -pflegerin beträgt in Deutschland übrigens 38.554 Euro. Brutto, im Jahr.
Was für ein Dienstwagen!
Ein Dienstwagen für weniger als 50.000 Euro? Kein Investment-Banker, der auf sich hält, würde in so einer Nuckelpinne tot überm Lenkrad hängen wollen. Da erlebt ein Berufskraftfahrer ganz andere Dimensionen: Sein Dienstwagen kostet sechsstellig, er selbst verdient aber nur 29.616 Euro. Selber schuld. Warum ist er nicht reich oder arbeitet wenigstens für eine Bank?
Wer klein ist, muss sich halt strecken
Die Menschen, deren Arbeit hier gewürdigt wird, gelten umgangssprachlich übrigens als "kleine Leute". So ist das in Gesellschaften, die sich über Besitz und Kaufkraft definieren. Da hat eine Kassiererin eben nicht viel zu melden: Der Durchschnittsverdienst an einer deutschen Supermarktkasse beträgt gerade einmal 26.824 Euro im Jahr. Alle Zahlen dieser Galerie hat Statista erhoben.
Ein ewig unterschätzter Beruf
Bei einer Berufsgruppe merkt man ihre Systemrelevanz, gerade weil sie zur Untätigkeit verdammt ist. Erzieherinnen und Erzieher, die durchschnittlich 36.325 Euro im Jahr verdienen, müssen zu Hause bleiben, weil Kindergärten geschlossen sind. Hier gilt: Erst wenn sie fehlen, merken wir, wie wichtig - und im Übrigen auch für die Wirtschaft mittelbar systemrelevant - sie sind.
Mit Geld fast nicht zu bezahlen
Besonders gefährdet im Falle einer Infektion sind geschwächte Personen oder die Alten, sie brauchen dringend Hilfe und Zuwendung. Doch die Arbeit von Altenpfleger/-innen ist uns gerade mal 32.932 Euro im Jahr wert. Da verdient jeder (auch wichtige) Automechaniker mehr. Ein Vergleich mit den Honoraren im Bankensektor verbietet sich spätestens jetzt.
Die den Weg aus der Krise suchen
Die Corona-Gefahr ist erst vorüber, wenn es einen Impfstoff gibt. Daran arbeiten viele Angestellte in der pharmazeutischen Industrie - und zwar für oft nur 28.698 Euro im Jahr. Das ist empörend. Zum Vergleich: Die Finanzkrise war noch nicht ausgestanden, da hatten ihre Verursacher, die "systemrelevanten" Investment-Artisten, schon wieder für ihre Boni gestritten - in Millionenhöhe.
Ein beschämender Vergleich
Schaut man irgendein Krankenhaus in unserem Land an, vergleicht es mit einem der himmelhoch ragenden Bank-Paläste und überlegt, wie wenig wir die Arbeit von Menschen, die für andere Menschen arbeiten, wirtschaftlich schätzen - da muss einem doch ganz schwindlig werden. Man könnte hoffen, dass die Corona-Krise den ein oder anderen zum Umdenken bringt. Doch … glauben Sie's?