USA brechen mit Mubarak
2. Februar 2011Drei Jahrzehnte war der ägyptische Präsident Husni Mubarak einer der engsten Verbündeten der USA. Doch in der Nacht zum Mittwoch (02.02.2011) vollzog Washington den offiziellen Bruch. Nachdem der durch Massenproteste unter Druck geratene ägyptische Regierungschef am Dienstagabend angekündigt hatte, nicht mehr erneut kandidieren zu wollen und Verfassungsreformen auf den Weg zu bringen, seinen Rücktritt aber dennoch ausgeschlossen hatte, erhielt er eine Nachricht von US-Sondergesandten Frank Wisner: Obama halte die Zeit Mubaraks für abgelaufen.
Kurze Zeit später sprach der US-Präsident persönlich per Telefon mit ihm. Laut einem Regierungsvertreter habe Obama versucht, ihm deutlich zu machen, dass "ein geordneter Übergang nicht aufgeschoben werden könne", sondern "jetzt beginnen" müsse. In dem Telefonat habe Mubarak eingesehen, "dass der Status Quo nicht mehr aufrechtzuerhalten sei und ein Wandel stattfinden muss", erklärte Obama bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus.
"Wir hören eure Stimmen!"
In einem Bericht der "Washington Post" heißt es, Washington würde es vorziehen, wenn der Ägypter die Macht schon vor den angekündigten Wahlen im September an eine Übergangsregierung abgeben würde. Ein ranghoher arabischer Diplomat in Washington versuchte Mubaraks Verhalten zu erklären: "Mubarak kann sich damit anfreunden, ein Expräsident zu sein, aber nicht damit, ein abgesetzter Präsident zu sein."
"Wir hören eure Stimmen!" versichterte Obama gleichzeitig der Protestbewegung in Ägypten. Die meist friedlichen Kundgebungen für einen Wandel in den vergangen acht Tagen seien eine "Inspiration für Völker in aller Welt." Bei der Vorbereitung freier und fairer Wahlen müsse gewährleistet sein, dass verschiedene Stimmen und Oppositionsgruppen zu Wort kämen, sagte der US-Präsident weiter. Es sei aber nicht Sache irgendeines Landes, über die ägyptische Führung zu entscheiden: "Ich habe die unbeugsame Überzeugung, dass ihr euer eigenes Schicksal in die Hand nehmt", wandte sich Obama an die Ägypter.
Sorge vor Gewalt
"Die USA sind nicht in einer Position, von der aus sie das Geschehen auf den Straßen in Ägypten beeinflussen können", so Nahost-Experte Jon Alterman vom Center for Strategic and International Studies in Washington. Angesichts der Umwälzungen in Ägypten fürchteten die USA nun aber vor allem ein Machtvakuum, denn dieses könnte radikalislamischen anti-westlichen Kräften den Weg bereiten. In Washington geht deshalb zudem die Sorge um, Mubaraks Sturheit könnte ein Umschlagen der friedlichen Proteste in Gewalt zur Folge haben. Schließlich schwor der bedrängte Präsident in seiner Rede am Dienstagabend, er werde die Ordnung wiederherstellen. Dafür müsste er die bei der Bevölkerung verhasste Polizei einsetzen, die in 30 Jahren Ausnahmerecht willkürliche Verhaftungen vornehmen und Festgenommene ohne Anklage in Gefängnissen verschwinden lassen konnte.
Barack Obama, der die Notwendigkeit betonte, Gewalt zu vermeiden, lobte das ägyptische Militär für seine "Professionalität und seinen Patriotismus" und rief es auf, an einem "friedlichen Übergang" mitzuwirken. Die Beziehungen zwischen Pentagon und dem ägyptischen Militär, das jährlich mit 1,3 Milliarden aus Washington unterstützt wird, sind traditionell eng. Das Militär zog bisher Unruhestifter und mutmaßliche Kriminelle aus dem Verkehr, hielt sich ansonsten aber im Hintergrund.
Autorin: Anne Herrberg (dpa, rtr, ap, afp)
Redaktion: Oliver Pieper